Von der Toskana nach Umbrien

Donnerstag, 27.9.2018
Figline Valdarno – Arezzo, 63 km, insgesamt 3477 km
Die Temperatur beim Aufwachen dürfte fast im einstelligen Bereich liegen. Es ist recht frisch und das Zelt steht auf dem gefühlt schattigsten Fleck des Campingplatzes. Zum Glück hat wenigstens der Wind aufgehört. Wir halten Ausschau nach einem sonnigen Plätzchen und landen auf einem Auto-Abstellplatz, wo wir unsere Decke ausbreiten, frühstücken und unsere Hände und Finger auftauen lassen.

Relativ spät fahren wir erst los. Unten im Ort zweigt ein Weg direkt am Arno entlang ab zum nächsten 6 km entfernt liegenden Ort. Toll – fast wie „Arno-Radweg“! Leider ist die Arno-Brücke gesperrt wegen einer Baustelle. Mit Duldung der freundlichen Bauarbeiter schieben wir unsere Räder durch die Baustelle, um einen mittellästigen Umweg zu vermeiden.

Danach schrauben wir uns die Berge hoch und runter. Teilweise auf abenteuerlichen steilen Schotterwegen, die als Mountainbike-Trails ausgeschildert sind. Da geht es bergab genauso langsam wie bergauf. Am späten Nachmittag erreichen wir Arezzo, besuchen den Supermarkt (da uns Google netterweise verraten hat, dass der nächste Campingplatz keinen Supermarkt hat) und kaufen außer Wein auch noch Sushi als Vorspeise und Schokolade als Nachspeise fürs Abendessen. Der Campingplatz liegt gnädigerweise fast flach an der Strecke, ist ruhig und einigermaßen leer.

Zum Glück ist es tagsüber sehr schön warm geworden, aber nicht zu heiß. Bei gut 20 Grad radelt es sich gut und im Schatten wird es schon fast frisch. Perfektes Radelwetter.
Auch der Abend ist vor dem Zelt temperaturmäßig besser auszuhalten.

Freitag, 28.9.2018
Arezzo – Lago Trasimeno, 60 km, insgesamt 3537 km
Wir fahren die ersten 30 km am Canale Maestro della Chiana entlang. Dabei darf man sich nicht einen Kanal vorstellen wie beispielsweise den Dortmund-Ems-Kanal. Sondern es ist ein dünnes Rinnsal, bei dem sich uns nicht erschloss, warum er geschaffen wurde. Aber toll ist, dass es hier ein erschlossenes Radwegenetz gibt und der Radweg (zwar Schotter, aber immerhin) komplett am Kanal entlang führt. Der Weg ist identisch mit der Eurovelo 7 bzw. Ciclopista del Sol.

Um uns herum Apfelplantagen so weit das Auge reicht. Wir genehmigen uns ein paar Kostproben. Beim nächsten Obstkauf müssen wir ja wissen, was uns schmeckt und was nicht.

Um zum Lago Trasimeno zu kommen, biegen wir irgendwann an einen anderen Kanal ab, wo es ebenfalls eine Radwegebeschilderung gibt. Catrins Vorderrad ist auf einmal ziemlich platt. Aber nach Aufpumpen funktioniert’s noch ganz gut. Wir haben nicht mehr viel Weg vor uns, daher sparen wir uns die Flickerei und fahren weiter. Und dann führt Martins Track durch den denkwürdigen Ort Cortona. Dieser Ort liegt dramatisch schön oben an einem unglaublich steilen Berghang. Die Stadtmauer stammt aus Etruskerzeiten noch Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung. Alles wunderschön und wirklich toll anzuschauen. Aber leider eben auf dem Berg – und das steil! Wir schieben keuchend 2 km unsere Räder den Steilhang hoch, um im Ort weiter steile Gässchen heraufzuschieben. Plötzlich ist alles voller Touristen, die uns mit offenen Mündern anstarren, wie wir mit unseren vollbepackten Rädern wohl hier raufgekommen sind. Das fragt sich Catrin allerdings in den Moment auch.

 


Vor der Abfahrt noch mal Fahrrad aufpumpen. Genauso steil wie es hochging, geht es nun auch wieder runter. Wie schon gestern bemerkt, geht das nicht nicht wesentlich schneller als das Hochfahren. Danach noch seicht durch das Tal Richtung Lago Trasimeno. Leider werden die Aufpump-Etappen immer kürzer. Wir erreichen den Campingplatz am See mit Mühe und Not, der Fahrer lebt, der Schlauch war tot. Zum Stellplatz (wunderschön direkt am See gelegen) schiebt Catrin das Rad. Da wir einigermaßen früh angekommen sind und das Wetter herrlich ist, nutzen wir die Zeit für allerlei nützliche Dinge: Einkaufen, Wäsche waschen (bei leichtem Wind trocknet sie rasend schnell), Reifen flicken (!), Tagebuch schreiben, bloggen, kochen, Peter etwas vorlesen, am See sitzen und den Wasservögeln zuschauen.

Samstag, 29.9.2018
Lago Trasimeno – Perugia, 45 km, insgesamt 3582 km
Wir folgen weiter dem Radweg (!) um den Lago Trasimeno, leider nur Schotterpiste. Irgendwann geht es notwendigerweise weg vom See über die Hügel. Wir stoßen einige Zeit später tatsächlich auf eine Radwegbeschilderung bis Perugia, der wir über Nebenstraßen mit toller Aussicht so lange folgen, bis wir zum Camping „Farmhouse“ einige Kilometer südlich von Perugia abbiegen.

Das ist ein B&B mit Zeltwiese, auf der wir die einzigen sind. Wir stellen unser Zelt in der windigsten Ecke auf und haben einen tollen Blick vom Hügel ins Umland. Martin fährt einkaufen. Der Conad (Lebensmittelladen) in der Nähe hat noch geschlossen: Siesta von 13 bis 17 Uhr. Da wundert es kaum, dass Italiens Wirtschaftswachstum etwas bescheiden ausfällt.

 

Florenz

Sonntag, 23.9.2018
San Piero a Sieve – Florenz, 42 km, insgesamt 3342 km
Nächste Etappe durch den Apennin. Heute muss noch einmal ein 518m hoher Pass überwunden werden. Da wir uns aber noch auf gut 200 m befinden, dürfte das Ganze nicht ganz so happig werden. Außerdem hat Martin eine Strecke ausgesucht, die sanfter ansteigen soll als die Hauptstraße (SR302). Als wir 1,5 km saftig bergauf schieben müssen (bei ca. 18% Steigung) überdenken wir diese Alternative noch einmal. Doch nun ist es zu spät und schon eine knappe Dreiviertelstunde später haben wir auch diesen Knackpunkt geschafft. Der Rest der Strecke ist (als wir die SR302 erreicht haben) tatsächlich einigermaßen flach und vor allem sind wir im Gegensatz zu gestern bereits nach 10 km oben. Nun geht es sanft geschwungen runter. Wir folgen nicht weiter der SR302, sondern der SP54. Diese schmiegt sich sanft an den Hang und braust nicht allzu schnell ins Tal.

 

Die Toskana zeigt sich von ihrer besten Seite und hat sich wunderschön herausgeputzt. Wir gurken relativ langsam die Straße herunter, da jede Kurve neue und bezaubernde Ausblicke liefert. So radeln wir in das Dorf Fiesole hinein. Dort entdeckt Martin in einem Hinterhof eine Bar „Casa del Popolo“ mit einem riesigen Balkon, der einen wunderbaren Ausblick auf die Landschaft bietet. Wir kehren dort ein und verbringen die nächsten zwei Stunden dort und können gar nicht genug von dem Ausblick bekommen.

Weiter durchs Dorf findet auf dem Hauptplatz ein Bio-ökologischer Markt statt. Dort probieren wir uns durch einen Milch und Joghurtstand, erstehen Vollkornbrot und leckere Tomaten.

 

Um die nächste Kurve bietet sich der Blick auf Florenz. Ein großes Häusermeer, das von der Kuppel des Doms dominiert wird.

Martin navigiert uns durch die Straßen durch Florenz zum Campingplatz direkt am Ufer des Arno. Auf dem Weg kommen wir an einem brennenden Auto vorbei. Die Feuerwehr kommt und löscht den Brand. Peter ist tief beeindruckt und erzählt noch abends von dem Erlebnis.
Der Campingplatz „Camping in Town“ ist sehr edel, hat einen tollen Pool, Supermarkt und exzellente sanitäre Anlagen. Dafür nimmt er aber auch einen entsprechenden Preis und dies mit Florenz-Aufschlag. Für das Hostel in Ljublana haben wir nicht wesentlich mehr bezahlt. 40,50€ pro Nacht ist bisheriger Campingplatz-Rekord auf unserer Tour.

Montag, 24.9.2018
Florenz, 16 km, insgesamt 3358 km
Neben uns zelten zwei Neuseeländer. Sie sind auch auf Rädern unterwegs, haben ihre Tour in Rom begonnen und wollen weiter Richtung Norden.
Wir fahren den Arno entlang hinein nach Florenz. Die Gässchen, die Einbahnstraßen und der Verkehr in der Innenstadt sind eine Herausforderung. Schließlich erreichen wir den Treffpunkt der „free walking tour“, die es auch hier gibt, und machen die Stadtführung mit. Wir laufen von Santa Maria Novella zum Dom Santa Maria del Fiore und weiter über die Piazza della di Signoria bis zur Basilica di Santa Croce. Zwischendrin streifen wir den Wohnsitz der Familie Antinori: Dort gibt es tatsächlich eine (kostspielige) Weinbar.

 

Nach der Führung bestellen wir in einem netten Mini-Restaurant mit netter Bedienung die Spezialität von Florenz: Lampredotto (Labmagen) und Trippa (die anderen Mägen der Kuh). Trippa muss allerdings stundenlang kochen, bis es genießbar ist, und war noch nicht fertig. Stattdessen bekam Catrin eine Art Gulasch, was lecker war. Mein Lampredotto war, nun ja, interessant. Peter genießt Lasagne. Wir empfehlen das Restaurant gerne weiter: „Budellino“, Via del Neri 50/r.

Anschließend bummeln wir weiter durch die Innenstadt. Vor dem Dom ist eine viel zu lange Schlange, auch die anderen Kirchen kosten Eintritt (das wäre nicht so schlimm) und man muss ewig warten (das ist super lästig). Wir schauen abends im Internet nach, die Domkuppel ist frühestens in drei Tagen zu besichtigen und auch für die Uffizien kann man nicht „spontan“ am Folgetag eine Karte kaufen. Mit Peter ist die Besichtigung der Renaissance-Schätze sowieso eher unerquicklich.

Das Wetter war für heute eher regnerisch angesagt. Wir schleppen den ganzen Tag unsere Regenjacken durch Florenz, die wir glücklicherweise nicht brauchen. Jedoch wird es nachmittags extrem windig. Wir fühlen uns wie an der Nordsee, nur bei 25 Grad. Sehr angenehm. Lustiger Nebeneffekt: Es fliegen diverse Dinge durch die Straßen: Papierchen, Sonnenhüte und Schaufensterpuppen.
Auf dem Campingplatz ist ein Radlerpärchen aus Tübingen eingetroffen. Sie sind erst knapp drei Wochen unterwegs und haben den direkten Weg über den Reschenpass genommen. Die haben auch kein Kind dabei.
Tagsüber haben wir einen Platten an Peters Vorderrad entdeckt. Wo der herkommt, ist uns ein Rätsel, weil Peters Vorderrad meistens hochgebockt und gar nicht belastet ist. Tatsächlich finde ich ein Loch im Schlauch und flicke es.

Dienstag, 25.9.2018
Florenz, 11 km, insgesamt 3369 km
Diesmal lassen wir unsere Räder ein gutes Stück vor der Innenstadt stehen und laufen weiter. An der Kirche Santa Croce ist keine Schlange, wir nutzen die Gelegenheit.

 

In der Kirche sind die Gräber oder mindestens Gedenktafeln von vielen berühmten Italienern: Rossini, Michelangelo, Macchiavelli, Galileo, aber auch Marconi, dem Entdecker der drahtlosen Nachrichtenübermittlung per Funk. Am Grabmal von Michelangelos Familie wird ein Gemälde restauriert.

 

Wir sehen den Kreuzgang des ehemaligen Klosters, die Sakristei und weitere Kunstwerke im Museum. Innerhalb eines Ganges mit einer Aneinanderreihung von Grabtafeln entdecken wir die Tafel von Bartolomeo Cristofori, dem Erfinder des „Pianofortes“, des modernen Klavieres. Die Tafel ist unscheinbar und kaum zu entziffern, erst Wikipedia bestätigt uns: Ja, der Erfinder des Klaviers wurde tatsächlich hier begraben.

 

Interessant ist auch die Dokumentation des verheerenden Arno-Hochwassers von 1966, das viele Kunstschätze beschädigt hat und deren Restauration bis heute andauert.
Wir trinken einen Cappuccino, der selbst mir als Teetrinker ungewöhnlich gut schmeckt – Tipp: La Sostra dei Ciompi, Piazza dei Ciompi 28, neben der Loggia del Pesce. Später nochmals ins Budellino, wir essen hervorragende Schiacciate, eine Art belegte Brötchen, ziemlich lecker. Die Schlange am Dom ist immer noch zu lang, wir sehen uns stattdessen die Räume der ältesten Apotheke von Florenz an – in der immer noch viel an Touristen verkauft wird

– und den völlig untypischen Bahnhof S.M. Novella im Bauhaus-Stil. Quadratisch, nüchtern. Eher zufällig stolpern wir in die Kirche dei Santi Michele Gaetano, die zur Abwechselung eher barock ist. Der Innenraum ist aus dunklem Marmor, mit Wandteppichen geschmückt.

Schließlich noch die Medici-Führung von Free Walking Tours, die uns von der Grabkapelle der Medici über den Piazza della di Signoria, die Uffizien über die Ponte Veccio bis zum Piazza Pitti führt und in der wir weitere interessante Geschichten über Florenz und die Medici hören.

 

Mittwoch, 26.9.2018
Florenz – Figline Valdarno, 45 km, insgesamt 3414 km
Wir brechen auf zu unserem nächsten großen Etappenziel: Rom. Dazwischen liegen gut 300 Kilometer Straßen, Wege, Flüsschen, Berge und Hügel.
Heute radeln wir zunächst das Arnotal entlang. Leider gibt es keinen „Arno-Radweg“. So müssen wir immer wieder fernab vom Arno über Hügelchen und Berge kraxeln. Doch manchmal geht es auch direkt am Arno entlang, gern auch Schotterweg, aber immerhin flach.

Zum Campingplatz in Figline Valdarno geht es die letzten 2 Kilometer rauf in die Berge. Dafür geht es von der Rezeption zu den Stellplätzen steil bergab. Wir freuen uns schon auf das Hochwuchten der Räder morgen.
Der Campingplatz ist edel, mit Swimmingpoollandschaft, Disco, Klettergarten und allem möglichen ausgestattet. Die Rezeption hat ein Kinder-Computer-Spiel-Terminal. Die Bedienung des Touch-Screen gestaltet sich etwas hakelig, aber Peter ist für die nächsten 1,5 Stunden glücklich. Ansonsten nutzen wir außer dem Supermarkt herzlich wenig von der Infrastruktur des Platzes, da das meiste schon geschlossen ist und der Pool zu kalt.
Den ganzen Tag über war es extrem windig. Das hat das Radeln nicht gerade erleichtert. Auch auf die Stimmung drückt der ewige Wind. Abends weht es immer noch. Wir krabbeln gern früh ins Zelt und kuscheln uns in die Schlafsäcke.

 

 

Der Apennin

Donnerstag, 20.9.2018
Ravenna
Weil es hier so nett ist, bleiben wir einfach noch einen Tag und machen nichts. Quasi Urlaub. Nun ja, Ketten und Schaltung reinigen, Catrins Mantel wechseln, Bremsbeläge überprüfen, mit Peter spielen, Einkaufen fahren, Tagebuch schreiben und bloggen. Aber auch am Pool liegen, plantschen, Tischkicker, Cappuccino trinken und lesen.

 

 

Am Vorabend ist ein belgisches Radlerpärchen im fortgeschrittenen Alter auf E-Bikes angekommen, die einem Radreiseführer Amsterdam – Rom folgen. Die Route ist interessant, führt aber weder über Florenz noch die Eurovelo 7 (Ciclopista del Sol) entlang. Ordentlich Höhenmeter sind dennoch dabei, da können wir auch über Florenz fahren.
Am Abend kommt Lena auf dem Rad an. Sie ist erst von München bis Trient gewandert, hatte dann eher Lust auf Radfahren, hat sich ein billiges Rad und Satteltaschen gekauft und ist zur Adria gefahren. Die Nacht zuvor war sie auf dem gleichen Campingplatz in Bosco Mesola wie wir. Im Gegensatz zu uns ist sie komplett der beschilderten Radroute nach Ravenna gefolgt, hat die SS309 damit vermieden und nochmals 10 km mehr als wir zurückgelegt. In Sachen Leichtgepäck kann man von ihr noch lernen – Leicht-Zelt, Mini-Kocher mit Mini-Kartusche und superleichtem Trink-Ess-Kochtopf. Wir essen zusammen zu Abend und schwatzen. Dazu eine Flasche Pagadebito vom Haus – eine weiße Rebe, die ich nie zuvor getrunken habe. Ausgeprägtes Rosinenaroma, eher halbtrocken. Gestern war es übrigens ein Trebbiano, der völlig anders schmeckte – trocken, mineralisch, mäßige Säure. Lt. Wikipedia soll Pagadebito und Trebbiano die gleiche Rebe sein, das mag ich nach der Verkostung kaum glauben.

 

 

Freitag, 21.9.2018
Ravenna – Brisighella, 58 km, insgesamt 3231 km
Wir fahren auf kleinen Sträßchen ohne Verkehr Richtung Westen. Hier wird Obst angebaut – Äpfel, Birnen, Pfirsiche, Kirschen (natürlich längst geerntet), Kiwis (noch zu hart) und Wein, Wein, Wein, der häufig grade gelesen wird. Irgendwann zeigen sich weit entfernt im Dunst die Umrisse von Hügeln, bald ist Schluss mit Flachland. Wir fahren durch Faenza mit einem sehenswerten, arkadengesäumen, großen zentralen Platz. Die Kirche hat leider zu, wahrscheinlich Siesta. Mittlerweile hat zwischen 13 und 16 Uhr immer alles geschlossen, jedenfalls die kleinen Lädchen – und eben die Kirchen.


Nach Brisighella herein fahren wir schon leicht bergauf zwischen zwei Hügelketten entlang. Hier gibt es keinen Campingplatz, aber einen Wohnmobilstellplatz mit Wasserversorgung und Grüngelände drumherum. Wir schauen uns erst das Städtchen an und werden in der Touristeninfo sehr engagiert mit der Geschichte der Gegend bekannt gemacht. Das Gestein hier ist viel kristalliner Gips, der früher abgebaut und auf Eseln transportiert wurde. Sehenswert ist die mittelalterliche Häuserzeile, in der früher die Eselställe in den Untergeschossen waren.

Wir wandern zum Uhrenturm und zur Burg.

Als Beilage zum Abendessen kaufen wir uns Giuggiole, ein ortstypisches Obst. Von der Form her wie Pflaumen (incl. Kern), von der Farbe wie Kastanien, von der Konsistenz komplett mehlig. Geschmack – naja, aber im Abgang schmeckt’s nach Honig.

Kurz vor Einbruch der Dunkelheit schlagen wir unser Zelt am Rande des Stellplatzes auf, wir bleiben ungestört.
Neben uns ein witziger Mensch im Wohnmobil, dessen hüftkranke Frau wir nur von seinen Erzählungen kennenlernten, da sie den ganzen Abend da Wohnmobil nicht verließ. Er kommt wohl gebürtig aus Sachsen, wohnt aber nun irgendwo im Schwarzwald. Das Resultat: Ein sächsisch-badisches Sprachgemisch, das kaum zu verstehen ist. Sein bester Spruch: „Alt werden ist keine Kunst. Man wird es von selbst, wenn man so lange am Leben bleibt.“ Genauso wollen wir es fortan halten.

Samstag, 22.9.2018
Brisighella – San Piero a Sieve, 69 km, insgesamt 3300 km
Da wir „eigentlich“ (und auch uneigentlich) nicht wirklich an diesem Platz zelten dürfen, stehen wir früh auf, haben das Zelt schon um kurz nach sieben zusammengepackt und brechen nach dem Frühstück für unsere Verhältnisse sehr früh auf. Im Rückblick gesehen eine sehr weise Entscheidung. Vor uns liegen 44 km Steigung bis zum Passo della Colla di Casaglia auf 913 m Höhe. Da Brisighella auf knapp 100 m Höhe liegt, müssen also 800 Höhenmeter überwunden werden. Da die Straße auf dem Anstieg manchmal auch bergab geht, haben wir bis auf Passhöhe ca. 900 Höhenmeter überwunden. Wir folgen dafür der SR302. Ein wunderschönes Sträßchen quer durch den Appeninn. Dass der Verkehr sich in engen Grenzen hält, halten wir dem Wochenende zu Gute. Kaum LKW oder Lieferverkehr.

Stattdessen teilen wir uns die Straße mit Motorradfahrern und Rennradlern. Ein tolles Gefühl: Fast alle Rennradler feuern uns an, sprechen uns an, wo wir hinfahren, wo wir herkommen und das Highlight: Auf ca. 20 m relativ steiler Strecke schiebt mich ein Rennradler sogar an. Wir versuchen mit unseren paar Brocken Italienisch-Kenntnissen möglichst intelligent zu wirken. Auch viele Autofahrer hupen uns ermutigend zu und winken. Endlich auf Passhöhe angekommen, schaffen wir es kaum unsere Räder zwischen all den Motorrädern abzustellen. Wir trinken Kaffee und essen Panino. Peter bekommt in der Bar das dickste Marmeladenbrot seines Lebens. Er hat sich’s auch verdient. Klaglos sitzt er Kilometer um Kilometer auf seinem Sättelchen und hilft Papa mal mehr und mal weniger.
Nach dem langen Anstieg eine berauschende Abfahrt. Währenddessen merke ich, dass die Entscheidung, diese Straße von Ost nach West zu fahren die richtige Entscheidung war (nicht dass wir wirklich eine Wahl gehabt hätten…). Aber die nun folgenden 400 Höhenmeter Abstieg sind nach nur 10 km erledigt. Wir rauschen einige Serpentinen hinab und es ist streckenweise echt steil. Dann lieber auf 44 km weitgehend sacht bergauf.
In Borgo San Lorenzo, der ersten größeren Stadt, kauft Martin im Supermarkt für den Abend ein. Ich sitze nur relativ erschossen auf dem Parkplatz und zittere vor den letzten 6 Kilometern. Die Entscheidung, dass heute abend nicht mehr gekocht wird, ist schnell gefällt. Bier, Wein, Salat, Brot, Wurst und Käse sind absolut ausreichend. 6 km später sind wir am Campingplatz. Leider liegt es unglaublich idyllisch am Hang. Wir fluchen leise in uns rein und schieben keuchend die Räder bis zum Zeltplatz. Dafür entlohnt ein wunderschöner Sonnenuntergang mit tollem Abendrot.

Sonntag, 23.9.2018
San Piero a Sieve – Florenz, 42 km, insgesamt 3342 km
Nächste Etappe durch den Apennin. Heute muss noch einmal ein 518m hoher Pass überwunden werden.. Da wir uns aber noch auf gut 200 m befinden, dürfte das Ganze nicht ganz so happig werden. Außerdem hat Martin eine Strecke ausgesucht, die sanfter ansteigen soll als die Hauptstraße (SR302). Als wir 1,5 km saftig bergauf schieben müssen (bei ca. 18% Steigung) überdenken wir diese Alternative noch einmal. Doch nun ist es zu spät und schon eine knappe Dreiviertelstunde später haben wir auch diesen Knackpunkt geschafft. Der Rest der Strecke ist (als wir die SR302 erreicht haben) tatsächlich einigermaßen flach und vor allem sind wir im Gegensatz zu gestern bereits nach 10 km oben. Nun geht es sanft geschwungen runter. Wir folgen nicht weiter der SR302, sondern der SP54. Diese schmiegt sich sanft an den Hang und braust nicht allzu schnell ins Tal. Die Toskana zeigt sich von ihrer besten Seite und hat sich wunderschön herausgeputzt. Wir gurken relativ langsam die Straße herunter, da jede Kurve neue und bezaubernde Ausblicke liefert.

So radeln wir in das Dorf Fiesole hinein. Dort entdeckt Martin in einem Hinterhof eine Bar mit einem riesigen Balkon, der einen wunderbaren Ausblick auf die Landschaft bietet. Wir kehren dort ein und verbringen die nächsten zwei Stunden dort und können gar nicht genug von dem Ausblick bekommen.


Weiter durchs Dorf findet auf dem Hauptplatz ein Bio-ökologischer Markt statt. Dort probieren wir uns durch einen Milch und Joghurtstand, erstehen Vollkornbrot und leckere Tomaten.
Um die nächste Kurve bietet sich der Blick auf Florenz. Ein großes Häusermeer, das von der Kuppel des Doms dominiert wird.
Martin navigiert uns durch die Straßen durch Florenz zum Campingplatz direkt am Ufer des Arno. Auf dem Weg kommen wir an einem brennenden Auto vorbei. Die Feuerwehr kommt und löscht den Brand. Peter ist tief beeindruckt und erzählt noch abends von dem Erlebnis.
Der Campingplatz „Camping in Town“ ist sehr edel, hat einen tollen Pool, Supermarkt und exzellente sanitäre Anlagen. Dafür nimmt er aber auch einen entsprechenden Preis und dies mit Florenz-Aufschlag. Für das Hostel in Ljublana haben wir nicht wesentlich mehr bezahlt. 40,50€ pro Nacht ist bisheriger Campingplatz-Rekord auf unserer Tour.

Ravenna

Freitag, 14.9.2018
Punta Sabbioni – Sottomarina, 25 km, insgesamt 2963 km
Um die hässlichen Industrie- und Gewerbegebiete um Mestre herum zu umgehen, nehmen wir heute Richtung Chioggia lieber die Luftlinie, die aus den Inseln Lido de Venedig und Pellestrina besteht. Beides Inseln, die 10 km lang sind, dafür aber nur wenige hundert Meter breit.
Zum größten Teil gibt es dort einen ausgebauten Radweg. Die Eurovelo 8 führt hier auch entlang. Zwischen den Inseln verkehren Fähren. Spannend, dass zwischen Alberoni und Santa Maria del Mare eine Autofähre fährt, auf die auch der Linienbus incl. Passagiere fährt.

Es ist sehr dunstig, so dass wir die anderen Inseln nicht erkennen können. Von Pellestrina nach Chioggia wieder nur eine Personenfähre, die weitgehend leer ist. Mittags in Chioggia ist die Siesta voll im Gange und die Hauptstraße präsentiert sich in gähnender Leere. Ansonsten wirkt die Innenstadt wie Venedig, nur mit Autos. An der Drehbrücke nach Sottomarina ist ziemlich was los. Sie wird weggeschwenkt, dass zwei Schiffe durchfahren könen. Auf der Brücke der „Brücken-Steuermann“ und an den jeweiligen Straßenenden zwei Carabinieri, damit auch ja keiner während dieser Aktion auf die Brücke springt.

Am frühen Nachmittag kommen wir in Sottomarina an, wählen den letzten Campingplatz vor der großen Lagunenausfahrt und wundern uns über den leeren Strand und die zusammengeklappten Schirme. Blecherne Musik aus Lautsprechermasten und der große Spielplatz ohne ein einziges Kind verstärken den gespenstischen Eindruck. Die Nachsaison ist voll im Gange, der Campingplatz liegt auch in den letzten Zügen, hat nur noch eine Woche geöffnet, die Betreiber entsprechend lustlos. Ein paar Sainsoncamper graben ihre Wohnwagen aus und bauen die Vorzelte ab. Die Vorstellung, dass die gigantischen Sonnenschirmbatterien alle voll besetzt sein könnten, finden wir allerdings auch zum Fürchten.
Aber das Meer ist immer noch toll. Peter wühlt wieder im Sand und baut „Venedig“. Viele Sandhäufchen mit Wasser dazwischen.

 

Samstag, 15.9.2018
Sottomarina – Isola Albarella, 48 km, insgesamt 3011 km
In der Nacht stürmt es, ein Gewitter zieht auf und es plästert auf den sandigen Campingplatz. Wir haben unser Zelt glücklicherweise an einem windgeschützten Platz aufgestellt, nur an Peters Seite platschten die Tropfen so auf den Sand, dass alles bis ins Innenzelt hochspritzt und seine Seite ein wenig einfeuchtet. Morgens lässt der Regen nach. Peter kann nochmal am Strand spielen, dann machen wir uns auf den Weg. Auch hier gibt es einen Decathlon, in dem wir Peters zerfallende Sandalen ersetzen. Wir folgen weitgehend der Eurovelo 8. Ein Sträßchen führt etliche Kilometer durch das Podelta. Links Wasser, rechts Wasser mit Inselchen. Ein Paradies für Wasservögel. Gegenüber von Porto Levante soll lt. Google Maps ein Campingplatz sein, den es allerdings auf der Velomap (OSM) nicht gibt. Genaugenommen gibt es da nicht einmal Land, nur Wasser. Als wir dort ankommen, ist von Campingplatz weit und breit nichts zu sehen. Der nächste Platz wäre 33 km über die SS 309, auf der landschaftlich schönen Strecke eher 50 km weiter. Mit Hilfe von Google und nach einigen Telefonaten finden wir eine Frühstückspension auf der Isola Albarella wenige km weiter. Albarella enpuppt sich als ein abgesperrtes Edeldomizil. Man darf die Insel erst nach Anmeldung und Nachweis eines Übernachtungsplatzes betreten. Die Vermieterin hat uns entsprechend telefonisch angekündigt. Für Verwirrung sorgt, dass wir kein KFZ-Kennzeichen angeben können. Dafür wurden wir als „das sind die mit den Fahrrädern“ sofort bei der Anmeldung identifiziert.

Das Inselchen ist sauber wie geleckt, man bewegt sich auf Golfwägelchen voran und der breite Sandstrand ist vom feinsten. Wir haben den Eindruck, in den Kulissen der Truman-Show gelandet zu sein. Auch hier ist nicht mehr viel los nur der Mückengiftversprühwagen arbeitet noch fleißig. Die Vermieterin ist nett und wir wollen einen Strandtag einlegen, deswegen werden wir zwei Nächte bleiben.

 

Sonntag, 16.9.2018
Albarella, 13 km, insgesamt 3024 km
Frühstück gibt es erst ab 9 Uhr, daher lümmeln wir uns endlos lang in den Betten, lesen und hören IPod. Nach dem Frühstück ganz gemächlich an den riesigen Strand. Sand wühlen, Wasser planschen, Schatten suchen, picknicken.

Mittags schwingen wir uns auf die Fahrräder uns machen uns auf zu einer Inselumrundung. Am nördlichsten Zipfel der Insel können wir quasi auf das nächste Eiland (Halbinsel Rosolina Mare) rüberspucken, doch eine Fährverbindung gibt es nicht. Albarella könnte ja von unlegitimierten Menschen überrollt werden.

Nach 10 km kommen wir am Spielplatz mit Vogelvoliere im Zentrum der Insel an. Peter schaut und spielt vergnügt. Danach ins Eiscafe. Wir treffen unsere Zimmernachbarn dort und plaudern angeregt. So geht der Nachmittag vorbei.
Abends noch Pizzeria. Auch dort treffen wir unsere Zimmernachbarn wieder. Die Insel ist also überschaubar.

Montag, 17.9.2018
Albarella – Bosco Mesola, 55 km, insgesamt 3079 km
Wir brechen aus dem „Urlaubsparadies“ auf und setzen mit der Fähre über den Po di Levante nach Porto Levante über. Was sich jetzt so leicht anhört, gestaltet sich etwas kompliziert. Schon vor dem Frühstück kontaktiert unsere freundliche Vermieterin den Fährmann und informiert ihn, dass wir um 10 Uhr kommen werden und er uns übersetzen kann. Als wir um 10 Uhr am Anleger stehen, kommt zunächst ein Schlauchboot an. Wir sind leicht entsetzt. Aber das holt nur jemand anderen ab, der da auch steht. Ansonsten ist da – nichts. Wir rufen wieder den Fährmann an und er sagt: „Uno Momento!“ Kurz später sehen wir, wie eine kleine Fähre sich vom gegenüberliegenden Ufer entfernt und auf uns zufährt. Genaugenommen wirkt sie wie zwei Ruderboote, auf die ein großes Brett mit Reling geschraubt ist, auf dem wir nun stehen und uns rüberfahren lassen. Ein tolles Abenteuer. Vermutlich kam der letzte Fahrgast vor Wochen vorbei.

Wir fahren durch das Podelta. Überall um uns schwimmen, waten, fliegen Vögel. Wahrscheinlich ein großer Artenreichtum. Leider können wir nur Reiher und Kormorane bestimmen. Alles andere sind in unseren Augen nur „Möwen“. Einmal fliegen (glaub ich) 6 Flamingos flach über uns hinweg. Nach 30 km überqueren wir einen wirklich breiten Fluss. Dies ist wohl der Haupt-Po, der „Po di Venezia“. Später überqueren wir noch weitere Po’s.

In Ca‘ Tiepolo Pause in einer Bar. Alles herrlich verschlafen hier. Wir teilen uns die Tischchen mit 3 bis 5 Einheimischen.
In Bosco Mesola ist im Navi ein Campingplatzsymbol verzeichnet. Es entpuppt sich als Stellplatz, der zur Zeit nicht wirklich bewirtschaftet scheint. Aber das Tor steht offen, die sanitären Anlagen und die Steckdosen dort funktionieren. Wir stellen unser Zelt auf und sind zufrieden mit der vorhandenen Infrastruktur. Spät am Nachmittag erscheint tatsächlich jemand und kassiert 10€ für die Nacht. Mücken sind gratis. Wir haben den Platz für uns alleine.

 

Dienstag, 18.9.2018
Bosco Mesola – Ravenna, 76 km, insgesamt 3155 km
Wir finden eine Radwegbeschilderung FE30 nach Ravenna, der wir folgen. Es geht durch Pinienwäldchen an der Küste entlang, teilweise schmale Sandwege.

Dann kommen wir durch diverse Lido-de-irgendwas. Vor vielen Geschäften sind die Rolläden geschlossen, Ferienwohnungen wirken verwaist. Wir haben ein wenig das Gefühl, durch Geisterstädte zu fahren. Bei bestem Sommerwetter ohne Regen scheint kein Mensch mehr an der Adria Urlaub machen zu wollen. Schließlich müssen wir mangels Alternativen ein paar Kilometer auf der SS309 fahren. Das ist recht unangenehm, weil laufend schwere LKW an uns vorüberrauschen. Es scheint sich um eine Hauptverkehrsachse zu handeln.

 

Immerhin gibt es einen schmalen Seitenstreifen. Später können wir wieder an der Küste entlangfahren, vorbei an einigen geschlossenen Campingplätzen und Feriensiedlungen. Nach Ravenna herein kommen wir erst durch ein Industriehafengebiet und weiter durch fette Gewerbegebiete mit entsprechendem Verkehr. Schließlich landen wir auf dem Bio Agritourismo in Classe nahe bei Ravenna (bio-camping.it). Freundliche Begrüßung, schöner kleiner Platz, sogar ein Pool ist da, das frische Gemüse aus dem eigenen Garten wird für kleines Geld verkauft.

Mittwoch, 19.9.2018
Ravenna, 18 km
Ravenna ist berühmt für seine frühchristlichen Kirchen, die mit Mosaiken geschmückt sind. Davon schauen wir uns einige an. Außerdem hat Dante hier seine göttliche Kommödie geschrieben und sein Grab ist hier zu sehen. Lord Byron war übrigens auch hier, aber danach. Wir bestaunen die Mosaiken aus einer Zeit, in der die Germanen noch auf den Bäumen gehaust haben.

 

Zum Abschluss noch zur Basilika Sant Apollinare in Classe in der Nähe von unserem Campingplatz. Der werden im Baedeker immerhin 4 Seiten gewidmet, muss also toll sein. Die Kirche ist aus dem 6. Jhd., der Turm aus dem 11. Ich würde nur gerne wissen, was tatsächlich original aus der Zeit ist und was in späteren Jahrhunderten ersetzt, verändert oder umgebaut wurde.

 

Venedig

Dienstag, 11.9.2018
Venedig
Wir fahren morgens mit der Fähre nach Venedig. Dafür kaufen wir das 72 Stunden Vaporetto-Ticket und können die folgenden drei Tage nach Lust und Laune Bötchen fahren.
Wir nehmen zunächst an einer „Free Walking Tour“ durch das südliche Venedig (Dorsoduro) teil. Wir hören erquickliche Geschichten über einige Palazzi und bekommen Tipps für Eis und Bars. Bis zum Nachmittag lassen wir uns durch Venedig treiben (ja, auch mit Vaporetto). Dann holen wir Caro und Jojo an der Piazza Roma ab. Wir steuern mit ihnen die nächste Bar an und genießen erst mal einen Spritz. Danach essen gehen in einem eher zweifelhaften Ristorante. Zum Nachtisch noch eine Bar gegenüber der Gondelmanufaktur in Dorsoduro, die wir am Morgen kennengelernt haben.
Bis wir wieder am Campingplatz in Punta Sabbioni ankommen, ist es dunkel. Aber das Tarp für die Mädels ist schnell zwischen den Bäumen aufgespannt.

Mittwoch, 12.9.2018
Venedig
Wir erfüllen Johannas Traum und fahren nach Murano zu den Glasbläsern. Die hübschen bunten Häuser von Burano betrachten und fotografieren wir vom Schiff aus. In Murano trinken wir einen Kaffee und sind von den Preisen für eine Glasbläser-Präsentation abgeschreckt. Daher schauen wir nur so weit es geht in die Werkstätten, betrachten ein Kirchlein von innen und setzen dann nach Venedig über.
Mit dem Vaporetto durchqueren wir mit 200 weiteren Menschen den Canal Grande und bestaunen die Fronten der Palazzi. Mittags kaufen wir uns Brot, Käse, Wurst und Oliven und sitzen an einem Kanal und staunen, wie geschickt die Gondoliere die Gondeln um die engen Kurven manövrieren.
Einige hübsche Campi und Bars später fahren wir (schon wieder im Dunkeln) zurück zum Campingplatz und lassen bei Bier und Wein den Tag ausklingen.

Donnerstag, 13.9.2018
Morgens erfüllen wir Caros Wunsch und laufen ans Meer. Der Strand ist erstaunlich groß, weit und leer. Das Wasser schön klar und hat hübsche Wellen. Caro quietscht, als sie die vielen Krabben entdeckt, die sich durchs Wasser bewegen. Johanna zieht es vor, es sich am Strand auf der Decke bequem zu machen und Peter wühlt glücklich im Sand.
Am späten Vormittag geht es wieder nach Venedig. Diesmal nehmen die Mädels ihr Gepäck mit, da sie am frühen Abend wieder nach Frankfurt fliegen. Zunächst kreuz und quer durch Castello und San Marco. Richtung Markusdom werden die Gassen immer enger, dafür aber immer voller. So extrem haben wir es vom Venedigbesuch letztes Jahr nicht in Erinnerung. Auf dem Markusplatz knubbeln sich die Menschenmassen. Vor dem Dom hat sich natürlich schon eine lange Schlange gebildet. Wir entdecken die Schilder, dass man nicht mit Gepäck rein darf und sehen, wie die Aufpasser alle Leute mit Rucksäcken (auch kleine oder Fototaschen) aus der Schlange herauspicken und zur Gepäckaufbewahrung schicken. Umso ärgerlicher, wenn sie schon eine Stunde in der Schlange standen und sich nun neu anstellen dürfen. Wir beschließen, dass es den Dom gewiss noch länger geben wird und dies nicht unser letzter Venedigbesuch sein wird und verschieben die Dombesichtigung auf ein anderes Mal. Lieber noch mal zur Gondelmanufaktur und Spritz trinken. Auf dem Weg noch in Kirchen, die keinen Eintritt kosten. Erstaunlich: In irgendwelchen engen Gässchen steht eine enge Tür offen, man geht hinein und befindet sich in einem überraschend großen Kirchenraum. Alles natürlich vollgestopft mit Kunstschätzen, von denen eine normale Feld-Wald-und-Wiesen-Kirche in Deutschland nur träumen kann. In Venedig gibt es über 200 Kirchen und wir fragen uns, wie die wohl organisiert sind. Wer kümmert sich um die Pflege all dieser Kunstschätze? Wie groß sind die pastoralen Räume oder Großgemeinden? Wie viele Menschen besuchen überhaupt die Gottesdienste und Messen in dieser Masse von Kirchen? Wie viele Pfarrer mag es wohl in Venedig geben?
Über den Campo Santa Margherita incl. Cafe schlendern wir zur Piazza Roma und verabschieden uns von Caro und Jojo. Schade, die Zeit ging viel zu schnell um.
Dafür steigen wir zu dritt in das Vaporetto ein, das über den Canal Grande zum Markusplatz fährt. Da das Vaporetto hier eingesetzt wird, ist es leer, als es ankommt und wir bekommen die Premiumplätze direkt vorne am Bug. Bei untergehender Sonne „gondeln“ wir zum Markusplatz und kommen – natürlich – erst im Dunkeln am Campingplatz an, wo wir im Schein unserer Taschenlampen Obst und Gemüse vom Campingplatzbetreiber zu Abend essen.

Aaaadria

Freitag, 7.9.2018
Triest – Grado, 47 km, insgesamt 2781 km
Erster Halt bereits 2 km nach dem Campingplatz bei einer kleinen Ansammlung von Geschäften – ein Laden für Sportbekleidung, ein Fahrradgeschäft, ein Lebensmittelladen und ein Cafe. Super Kombination. Da ich heute morgen festgestellt habe, dass sich die Sohle von meinen Sandalen löst und diese generell ziemlich aufgelöst aussehen (trotz Notklebung mit Uhu vom Herrn mit dem Wohnmobil neben uns in Maribor), kaufen wir spontan ein neues Paar Sandalen und lassen die alten gleich im Laden. Im Radladen bekommen wir zwei Paar Bremsklötze für Catrins Magura, weil die schon ziemlich runtergebremst sind. Und im Lebensmittelladen versorgen wir uns für den Tag. Die nächsten 18 Kilometer geht es mehr oder weniger stetig bergab – von 377 hm wieder bis zur Küste. Zwischenzeitlich nieselt es leicht bis mäßig. Wir kommen durch das Dorf Prosecco, dem Namensgeber des Weines, das bis 2009 die Bezeichung einer Rebsorte und seit 2010 eine Herkunftsbezeichnung ist.

 

Wir trinken hier allerdings keinen. Nach einer Pause an einem Straßencafe ist Catrins Hinterrad wieder platt. Diesmal ist der Verursacher ein Glassplitter, den wir wahrscheinlich schon vor einigen Tagen aufgesammelt haben. Ich wechsle den Schlauch. Der Mantel sieht mittlerweile ziemlich mitgenommen aus und muss bald erneuert werden. Passenderweise macht der Regen eine Pause. Wir fahren weiter die Landstraße bis kurz vor Grado zum Campingplatz „Al Bosco“. Unterwegs kommen wir an zwei anderen Camps vorbei, die mit imposanter Einfahrt und Beflaggung teuer aussehen. Passenderweise hört der Regen auf und die Sonne erscheint. Peter findet Spielkameraden bei einer Familie aus Bayern, die mit 4 Söhnen hier sind. Das Meer ist hier eine eher schlammige Angelegenheit, aber im Strand davor kann man Burgen bauen! Abends bei Vino und Mücken an der Freiluftbar. Man spricht deutsch, mit deutlich österreichischem Einschlag.

 

Samstag, 8.9.2018
Grado – Lignano, 50 km, insgesamt 2831 km
Grado soll lt. Reiseführer ein malerisches Ficherdörfchen sein – habe ich wahrscheinlich falsch verstanden, der Tourismus boomt und ich glaube nicht, dass hier jemand mit Fischen sein Geld verdienen will. Nett aussehen tut es jedenfalls.

 

Interessant ist die Kirche, nix mehr mit Barock, sondern schlichte Basilika mit Mosaikfußboden und Freskenresten.

 

Über einen langen Damm geht es aufs Festland. In Aquileia schauen wir uns die ziemlich alte Basilika an: Erhalten sind große Teile des Mosaikfußbodens aus dem 4. Jhd. Zu sehen ist auch der Boden eines römischen Hauses aus dem 1. Jhd. Und auf den Turm kann man auch. Der ist vergleichsweise neu – 11. Jhd.

 

Dann fahren wir durch eine ziemlich flache Landschaft zügig nach Marano Lagunare, wo wir ein Schiff nach Lignano nehmen wollen. Lt. Internet fährt das Boot zu jeder graden Stunde. Wir erreichen die Anlegestelle passend um 15:45. Allerdings informiert ein Schild, dass die nächste Abfahrt erst um 18:00 Uhr ist. Also genügend Zeit für ein, zwei Friulano (ist das gleiche wie Tokajer, ein fruchtiger Weißwein, trocken ausgebaut gar nicht schlecht).

Auf dem Boot nähern wir uns Lignano, dicht bebaut mit Hotels, Appartements, Restaurants und Läden. Wir landen in einem touristischem Hot Spot. Noch 3 km, dann sind wir auf dem Camping Sabbiadoro, ein großes Teil mit Kinderanimation und sauberen Sanitäranlagen. Egal, es ist 19:00 Uhr und wir wollen nicht mehr weiter.

Sonntag, 9.9.2018
Lignano – Caorle, 59 km, insgesamt 2890 km
Wir machen uns auf den Weg ins Luftlinie 15 km entfernte Caorle. Leider liegt die Lagunenlandschaft dazwischen, sodass es kilometermäßig doch länger wird. Wir folgen grob der Eurovelo 8 zunächst durch das Mündungsgebiet des Tagliamento bis Latisana. Zwischendurch kommen wir an einer Schwenkbrücke vorbei, die gerade für Schiffe geöffnet ist. Am aushängenden Plan sehen wir dass sie aber in 15 Minuten für Radfahrer und Fußgänger aufschwenkt. Diese paar Minuten warten wir gern ab, um über den Kanal zu kommen.

 

In San Michele kurze Eis- und Kaffeepause. Dann geht es weiter durch das Lagunengebiet. Die Landschaft präsentiert sich platt wie ein Pfannkuchen. Nach den Bergen in Slowenien sind wir anderes gewöhnt. Der Anblick gestaltet sich relativ eintönig. So machen wir nur ein paar Trinkpausen und kommen am frühen Nachmittag in Caorle am Campingplatz an. Prima: er liegt direkt am Meer und hat Strandzugang. Und die Liegen brauchen wir auch nicht bezahlen. Wir genießen den Restnachmittag mit faulem Strandleben. Peter pladdert im Wasser und wühlt im Sand. Die Eltern liegen entspannt auf der Liege und lesen.
Abends Pizza in einem für einen Touristenort guten Ristorante mit aufmerksamem Personal.

 

 

Montag, 10.9.2018
Caorle – Punta Sabbioni, 48 km, insgesamt 2938 km
Wir fahren die Landzunge entlang. Nach zwei km stoppt uns ein Wasserlauf, glücklicherweise geht eine Fähre hinüber.

 

Vor Lido di Jesolo trinken wir einen Cappuccino an einem malerischen Fleckchen, Fischerboote, Pinien.

 

Anschließend wird es etwas gruselig – kilometerweit ziehen sich Hotels, Restaurants, Appartments, Bars und Touristenläden mit Aufblastieren dahin. Jetzt in der Nachsaison nur dünn belebt, verstärkt es den seltsamen Eindruck. Kennt jemand Loriots „Schau mal, Mutti, ein Esel“? Irgendwann lassen wir auch diesen Urlaubsort hinter uns und wir fahren auf der Lagunenseite eine wenig befahrene Straße direkt am Wasser entlang bis Punta Sabbioni – hier ist die Halbinsel zu Ende und es geht nur noch mit dem Boot weiter, vorzugsweise nebenan nach Venedig.

 

Wir quartieren uns auf dem kleinen Campingplatz Al Batéo in der Nähe des Fähranlegers ein und verbringen den Nachmittag mit Wäschewaschen, Radpflege und anderen unwichtigen Dingen mehr. Ich fahre in den 5 km entfernten Supermarkt und kaufe ein. Morgen haben sich unsere Töchter Carolin und Johanna für einen Kurzbesuch angekündigt. Wir werden die nächsten Tage hier bleiben und uns Venedig ansehen.

Triest

Montag, 3.9.2018
Ljubljana – Postojna, 58 km , gesamt 2644 km
Es nieselt morgens, das haben wir eigentlich anders geplant. Die ersten 20 km geht es noch entlang von straßenbegleitenden Radwegen – nun ja, was hier so Radweg genannt wird, streckenweise war es ein geschotteter Seitenstreifen auf der linken Straßenseite. In Vrhnika (Oberleibach ist einfacher auszusprechen) platzt eine Grundschule und ein Strom von Erstklässlern gemeinsam mit den stolzen Eltern ergießt sich vor uns auf dem Bürgersteig. Schultüten gibt’s hier nicht und auch der Ranzen scheint am ersten Schultag zu Hause zu bleiben. Stattdessen sind alle Kinder vorbildlich mit Warnwesten ausgestattet und die Eltern schleppen Kartons mit Schulbüchern (so sieht es zumindest aus) aus der Schule raus. Wir setzen uns in ein Cafe neben weitere „Einschulungsfamilien“, anschließend hat der Regen Pause, hurra! Wir fahren in die Berge mit entsprechenden Steigungen und betrachten die dunklen Wolken mit gemischten Gefühlen.

 

 

In Planina folgen wir einem Schild zu einer Tropfsteinhöhle. Keine Parkplätze für Touristen, keine breite Zufahrt – schließlich finden wir einen gähnenden Höhleneingang, aus dem ein Flüsslein rauscht.

 

 

Mit Taschenlampen bewaffnet ziehen wir durch eine beeindruckend große Höhle los. Leider wird unser Forscherdrang nach ein paar Dutzend Metern von einem verschlossenen Gitter gebremst. Die Höhle kann nur mit einem Führer besichtigt werden. Wie wir später lesen, handelt es sich um einen großen See unter Wasser, hier braucht man nicht nur einen Führer, sondern auch ein Boot. Wir picknicken im Höhleneingang und entgehen dem wieder einsetzenden Regen. Peter ist die Höhle unheimlich, er sieht Höhlenbären in der Dunkelheit. Irgendwann müssen wir doch weiter, über die nächste Anhöhe. Als wir in Postojna ankommen, sind wir so durchnässt, das wir uns von der Touristeninfo das nächstbeste Hotelzimmer vermitteln lassen. Schade eigentlich, wir verpassen den Campingplatz, auf dessen Gelände eine kleine Tropfsteinhöhle sein soll.

 

Dienstag, 4.9.2018
Postojna
Morgens Nebel, mal ein ganz ungewohntes Wetter. Wir laufen zur Tropfsteinhöhle und sind wie letztes Jahr beeindruckt: Auf Schienen fährt ein Bähnchen 2 km in den Berg hinein, wir queren mehrere Höhlen, von denen jede einzelne in Deutschland eine Touristenattraktion wäre.

 

Dann geht es auf einen 1,5 km langen Rundgang durch prächtige Höhlen mit wunderbaren Tropfsteinformationen. Wir kennen die Höhle schon vom letztjährigen Sommerurlaub, sie ist aber auch beim zweiten Besuch beeindruckend.

 

Am Nachmittag gehen wir ins „Karst-Museum“. Eine gut gemachte Ausstellung über die Entstehung des Kalksteingebirges, den Höhlen und dem Leben darin und darüber.
Seit Mittag hat sich die Sonne durchgesetzt. Wir sitzen abends auf dem zentralen Platz in Postojna und genießen die Abwesenheit von Regen.

Mittwoch, 5.9.2018
Postojna – Osp, 61 km, insgesamt 2705 km
Nachdem der Morgennebel sich gehoben hat, kommt ein wunderschöner Tag mit Sonne. Wir folgen heute dem Track, der in der Karte (OSM) als Eurovelo 9 markiert ist. Meist kleine Nebenstraßen, aber auch Schotterwege und ein schmaler Waldweg. Dementsprechend mehr auf und ab.

 

Wir kommen durch Betanja nach Skocjan mit der Doline, durch die die Reka fließt. Die Höhle haben wir uns letztes Jahr im Urlaub angesehen. Jetzt stehen wir oben am Rand der Doline bei Sonnenschein, zwischen Schmetterlingen und wildem Thymian.

 

 

 

 

In einem Gebäude sind Fotos von der Höhle ausgestellt, in einer restaurierten Scheune ist eine Austellung über die Getreideernte in früheren Jahren. Kaum Touristen, alles sehr beschaulich. Auf dem weiteren Weg kommen wir über ein Hochplateau und haben schließlich einen weiten Blick aus hundert Metern Höhe bis zur Küste und dem Meer. Adria in Sicht! Über das Tal schwingt sich im kühnen Bogen die Autobahn.

 

Mit halsbrecherischem Gefälle geht es ins Tal hinab, die letzten 6 km bis zum Campingplatz müssen wir kaum noch in die Pedale treten. Stattdessen sorgen wir uns um unsere Bremsen. Der Campingplatz in Osp ist eine Wiese neben einer Bar, deren Betreiber ein Deutschsprachiger ist. Wir zelten mit Panoramablick auf den Steilhang. Das Zelt vermittelt nach 5 Nächten in geschlossenen Zimmern ein Gefühl wie zu Hause. Endlich wieder im Zelt schlafen!

 

 

 

 

Donnerstag, 6.9.2018

Osp – Camping Pian del Grisa bei Triest, 29 km, insgesamt 2734 km
Erstes Ziel ist Noghere, wo ein Decathlon ist – meine Regenjacke hat sich als wenig tauglich erwiesen und ich hätte gerne Ersatz. Nach 2 km überqueren wir die Grenze nach Italien – auch hier keine Pauken und Trompeten, sondern nur ein verschmiertes Grenzschild. Das erste Auto, das uns entgegenkommt, hat ein Hamburger Kennzeichen.

 

Den Decathlon finden wir in einem riesigen Einkaufszentrum, dessen Zugang anscheinend ausschließlich durch eine große Tiefgarage führt.

 

Ob die neue Jacke ihren Zweck erfüllt, werden wir erst beim nächsten Regen erfahren. Heute ist das Wetter sonnig und ein paar Grad wärmer als die letzten Tage in Slowenien. Weiter durch rauschenden Verkehr bis Triest hinein. Im Zentrum sind die Straßen rechtwinklig angelegt, gesäumt von mehrstöckigen Palazzi, mal mehr, mal weniger hübsch.

 

 

Wo laut Plan eine Touristeninfo sein soll, ist nur ein leeres, im Umbau befindliches Gebäude. Dann suchen wir das Eisenbahnmuseum im ehemaligen Bahnhof. Das ist leider seit Sommer 2017 geschlossen wegen Renovierung. Renovierungsbedürftig sieht das Gebäude auch aus, aktiv daran gearbeitet wird aber wohl eher nicht. Ok, dann gehen wir halt ins Meeresmuseum. Dort finden wir heraus, das es leider nur von 9 bis 13 Uhr geöffnet hat, und da sind wir zu spät dran. Letzter Versuch: Aquarium. Das hat tatsächlich geöffnet und präsentiert die Meeresfauna aus dem Golf von Triest. Am Nachmittag machen wir uns auf den Weg zum Campingplatz. Es sollen nur wenige Kilometer sein, allerdings liegt der Campingplatz oben auf den Triest umschließenden Hängen. Das Sträßchen steigt steil an, wir können auch schiebend die Räder mit Gepäck kaum hinaufwuchten. Eine Dame spricht uns an und sagt, dass es die nächsten 2 km steil bergauf geht. Anscheinend wirken wir entsprechend hilfsbedürftig, sie bietet uns an, unser Gepäck hinaufzufahren. Das Angebot nehmen wir dankend an. Dann schiebe ich mein Rad mit Peters Rad angekoppelt ohne Gepäck den Berg hinauf, was anstrengend genug ist. Catrin, Peter und Gepäck werden zum Campingplatz hochgefahren. Auf dem Rückweg sammelt die Dame mich wieder ein, Catrin schiebt den Rest hinauf und ich beginne erneut den Anstieg mit Catrins Rad.

 

Peter bleibt unterdessen beim Gepäck am Campingplatz. Schließlich sind wir oben mit Rädern und Gepäck. Ich verifiziere: Nach einer Strecke von ca. 1,8 km zeigt das Navi 344 Höhenmeter – das sind im Durchschnitt 19% Steigung. Oben steht ein Schild und warnt vor 23% Gefälle. Großen Dank an die spontane Hilfsbereitschaft!

 

Als Andenken habe ich mir eine dicke Blase am Fuß gelaufen. Sandalen sind halt keine Bergschuhe.

Ljubljana

Freitag, 31.8.2018
Litija – Ljubljana, 38 km, gesamt 2586 km
Die Wolken hängen tief, aber kein Regen mehr. Wir frühstücken in aller Ruhe und bekommen Kaffee und Kakao vom Haus. Der treue Collie kommt mit einer zerkauten Frisbee an und will spielen. Peter überwindet laaangsam seine Furcht vor Hunden, wirft tatsächlich immer wieder das Hundespielzeug und traut sich schließlich sogar, den Hund zu streicheln. Super, Camping mit Therapiehund.

 

 

Zum Abschied bekommen wir noch ein paar frisch gepflückte Zwetschgen und machen uns auf den Weg. Der Wetterbericht für die nächsten Tage verkündet viel Regen, deswegen quartieren wir uns in Ljubljana für die nächsten drei Tage im Hostel Ava ein. Wir bekommen ein kleines Gammelzimmerchen, aber es kostet nicht viel und ist mitten im Zentrum. Nachdem wir das Zimmer bezogen haben, setzt wieder Regen ein. Ärgerlicherweise regnet es durchs geschlossene Dachfenster rein – wir bekommen ein anderes Zimmer, das sogar ein wenig größer ist (12 statt 9 qm, yeah). Später bummeln wir durch das Zentrum – wirkt freundlich, viele junge Leute, Bars, Restaurants, kleine Lädchen, hübsche Fassaden.

 

 

Wir landen auf einem Gourmet-Markt mit Musik und vielen interessanten Essständen, Preisniveau wie auf dem Frankfurter Opernplatzfest. Zu Peters Freude lädt ein Zulieferer einen Haufen Eiswürfel aus Styropor-Lieferboxen an einer Straßenecke ab. Lädt zum Spielen ein.

 

Restauranttipp: Im Durchgang unmittelbar neben dem Hostel Ava ist ein supergünstiges Restaurant „Tartuf“, qualitativ so lala, aber den Preis wert. Leider nur von Montags bis Freitags geöffnet. Trubarjeva cesta 5.

Samstag, 1.9.2018
Ljubljana
Es ist trüb und regnerisch. Vormittags machen wir eine Stadtführung von „free walking tours“ mit, die uns schon in Budapest gut gefallen hat. Sie endet in einem Platzregen, den wir im Zugang zu einer Tiefgarage abwarten. Die Zeit nutzen wir, um uns vom freundlichen Guide (der plötzlich auch wunderbar Deutsch spricht) Tipps für Unternehmungen mit Kind und Restauranttipps geben zu lassen. Danach mit Peter ins „Illusionsmuseum“ mit optischen Täuschungen, Zusammensetzspielen, Spiegelungen und mehr. Peter ist begeistert.

 

 

 

 

Am späten Nachmittag nehmen wir an einer Weinprobe teil, in einem schönen Weinkeller werden einer international sehr gemischten Gruppe slowenische Weine präsentiert. Mich begeistert keiner der Weine, für auf der Schale gekelterten Weißwein („orange whine“) oder Cviček, einem Cuvee aus Weiß- und Rotwein kann ich mich nicht so erwärmen. Auch der dargebotene „Renski Rizling“ – Rhein-Riesling, zur Unterscheidung vom Welschriesling – hat ein starkes Petrol-Aroma und schmeckt mir persönlich aus Weinbergen vom Rhein deutlich besser. Der Blaufränkische („Modra Frankinja“) war anständig, aber nicht so gut wie schon am Neusiedler See getrunken. Ein Malvasier („Malvazija“, trockener Weißwein) war bei der Verkostung leider nicht dabei, davon habe ich schon ansprechende Weine hier getrunken.

 

 

Nach der Weinprobe zeigen sich ein paar blaue Flecken am Himmel und die Innenstadt füllt sich mit Menschen.

 

 

Restauranttip: Druga Violina („zweite Geige“), Stari trg 21. Slowenische Küche. Preiswert, Essen ok, Bedienung (in unserem Fall) etwas sperrig. Ein soziales Projekt, in dem auch Behinderte arbeiten.

Sonntag, 2.9.2018
Ljubljana
Vormittags gehen wir im Dom in die Messe. Die Predigt war bestimmt gut, auf Slowenisch für uns leider nicht verständlich.

 

Danach mit der Standseilbahn auf die Burg. Die ist im Laufe der Jahrhunderte vielfach umgebaut und restauriert worden, so dass von der Originalsubstanz, egal welcher Bauepoche, nicht mehr viel übrig ist.

 

Danach noch ins „Experimente-Museum“. Große Seifenblasen ziehen, Experimente mit Schall, Reaktionsgeschwindigkeitstest und vieles andere mehr. Wir bekommen eine deutschsprachige Erklärung aller Experimente. Ein freundlicher Mitarbeiter versucht Peter, auf Deutsch einiges zu erklären. Peter freut sich: Nur ein Tag mit Museum ist ein guter Tag. Wir beschließen den Tag in einer Cafe/Bar am Flussufer und hoffen auf trockenes Wetter am Montag.

 

sLOVEnien

Montag, 27.8.2018
Veržej-Banovci – Maribor, 61 km, gesamt 2407 km
Beim Aufstehen schauen wir in die Sonne. Herrlich! Das Wetter ist wieder besser. Trotz durchgehend Sonne wird es aber heute nicht allzu heiß. Zum Glück, denn heute fahren wir unsere erste Bergetappe (Martin: Eher Hügeletappe). Die Straßen schlängeln sich durch sanfte Hügel (Alpenausläufer). Wir fahren auf (puh) und ab (toll) durch die wunderschöne, sattgrüne Landschaft, garniert mit ein paar kleineren Seen. Ein hübsch rausgeputztes Dorf reiht sich an das nächste. Welch Augenweide nach den vielen verfallenen Häusern in Ungarn. Hier wurde alles hübsch renoviert, bis hin zur kleinsten Kapelle am Straßenrand.
Eine Landstraße ist für den Verkehr gesperrt. Da wir aber den Umweg (natürlich mit viel Auf und Ab) nicht nehmen möchten, fahren wir diese Straße trotzdem weiter und bekommen 5 km später den Grund präsentiert: Die halbe Straßenseite fehlt, da das Erdreich unter ihr abgerutscht ist. Mit den Rädern kommen wir aber zum Glück locker auf der anderen Seite an dem Loch vorbei.

 

Beim Reinrollen nach Maribor kommen wir als erstes an einem Aldi (der hier, wie in Österreich, Hofer heißt). Wir kaufen für das Abendessen ein und machen uns auf die Suche nach dem Campingplatz. Wir haben uns ein Restaurant direkt am Drauufer ausgesucht, das auf der Internetseite mit Campingmöglichkeit wirbt. Es entpuppt sich als absolut idyllisches Anwesen, das allerdings eher Wohnmobile aufnimmt. Egal – wir schlagen unser Zelt direkt am Drauufer auf und genießen den Abend mit traumhaftem Blick auf den Fluss. Neben uns zwei deutsche und ein holländisches Wohnmobil.

 

 

 

 

 

Dienstag, 28.8.2018
Maribor, 10 km, gesamt 2417 km
Der Zeltplatz ist wunderschön und Maribor haben wir auch noch nicht gesehen. Also bleiben wir den Tag in Maribor. Schauen uns die Stadt an. Nette Altstadt, wenig los.

 

Das Aquarium und Terrarium wirbt. Wir gehen hin, da Peter ja immer gern Tiere schaut. Insgesamt ist das aber eine sehr lahme Veranstaltung. Klein, alt und ziemlich miefig. Wir sind enttäuscht. Da haben wir doch mehr erwartet. Da reißt uns der älteste Weinstock der Welt mit seinen 400 Jahren doch mehr vom Hocker.

 

Anonsten Eis essen, Limonade trinken und den Nachmittag am Zeltplatz „Urlaub machen“. Abends gesellt sich noch ein deutsches Pärchen mit seinem Wohnmobil neben uns. Sie wohnen seit einigen Jahren auf Mallorca und bereisen einen großen Teil des Jahres mit ihrem Wohnmobil Europa. Sie laden uns auf einen Wein ein, schenken uns ihre übrig gebliebenen Cevapcici, die wir gern auf dem gleichfalls geliehenen Grill grillen, und erzählen uns sehr unterhaltsam von ihren Reisen. Wir sitzen bis spät in den Abend am Ufer der Drau und wickeln uns in immer mehr Decken. Der Mond ist zwar nicht mehr ganz voll, trotzdem scheint er so hell, dass er Schatten wirft.

MIttwoch, 29.8.2018
Maribor – Celje, 63 km, gesamt 2480
Wir brechen für den späten Abend gestern vergleichsweise früh auf. Ein paar Hügel und Berge warten auf uns. Im groben folgen wir der Eurovelo 9, der „Bernsteinroute“ von der Ostsee zur Adria. Beschildert ist sie allerdings nicht. Die ersten 20 km sind noch wunderbar flach. Dann ändert sich die Landschaft langsam und es wird hügeliger. Die Hänge herauf ziehen sich Häuser und kleine Ortschaften. Schöne Landschaft! Leider ist jetzt nun nix mehr mit Radwegen. Wir teilen uns die Straße mit Autos, Motorradfahrern und LKW. Die nächsten 20 km geht es beständig bergauf. Meist nur sanft, aber auch einige knackige Steigungen werden per Straßenschild angesagt. Mehrmals 10%, zweimal 14% und zweimal sogar 18%. Puh, das ist schon echt steil, wenn man seine 50 kg Gepäck und das Kind und den Tagesproviant den Berg hochzerren muss. Doch irgendwann sind wir oben und werden mit über 10 km sanft abfallender Straße belohnt. Die Landschaft heute ist berauschend schön. In den Ohren rauscht es auch vor lauter Anstrengung. So ist das Rauschen der Motoren um uns herum nicht ganz so schlimm.

 

Nachdem wir schon in Maribor am Ufer der Drau einen so wunderschönen Zeltplatz hatten, landen wir nun 6 km vor Celje auf einem kleinen Campingplatz, wunderschön inmitten von Feldern gelegen. Im Ranking unserer Lieblingszeltplätze landet dieser Platz direkt ziemlich weit oben. Kühlschrank, Bar mit einem slowenischen Radiosender mit toller Musik und nette Holländer im Wohnwagen nebenan, mit denen wir über Europapolitik diskutieren können. Deren Tochter wohnt übrigens in Sulzbach bei Frankfurt, klein ist die Welt.

 

 

Donnerstag, 30.8.2018
Celje – Litija, 68 km, gesamt 2548 km
Wir fahren vormittags nach Celje, die drittgrößte Stadt Sloweniens. Eigentlich wollen wir nur kurz durchs Zentrum bummeln, gehen Peter zuliebe aber ins Stadtmuseum. Das entpuppt sich als Glücksgriff. Es gibt eine Austellung über Celje ab 1900 bis heute und ein wunderbar gestaltetes Kindermuseum mit Spielzeug, Krimskrams, Malecke, „Bankschalter“ zum Spielen und kindgerechten Erklärungen von Jahreszeiten, Sonnensystem und anderem mehr.

 

Auch die Innenstadt wirkt einladend und freundlich und herrlich normal. Viel Tourismus scheint hier nicht zu sein.

 

 

Die höchst sehenswerte Burg betrachten wir nur von unten.

Wir fahren Mittags weiter die Savinja entlang aus der Stadt heraus. Die Straße mit viel Verkehr und ohne Seitenstreifen verlassen wir nach einiger Zeit und wechseln auf die andere Flußseite, wo es nur kleine Sträßchen entlang geht, dafür aber gut rauf und runter. Premiere heute: Bei km 2502 hat Catrin einen Platten. Klassischer Schlangenbiss, trotz gut gefülltem Reifen.

 

Beim Flicken kommen zwei Reiseradler aus Wien vorbei, die wir schon in Maribor getroffen haben. Ab Globoko wird die Strecke arg unwegsam und es gibt heftige Steigungen auf Schotterwegen. Diesen Weg würden wir normalerweise nur wandernd und maximal mit Tagesrucksack und nicht mit Gepräck für ein halbes Jahr auf dem Fahrrad zurücklegen. Bei Zidani Most wechseln wir den Fluss und fahren die Save hinauf, erst auf einer weniger befahrenen Straße, ab Podkraj Bundesstraße mit viel Verkehr. Das Flusstal ist wunderschön, steile Hänge auf beiden Seiten und das rauschende Flüsschen dazwischen.

 

Schade (oder gottseidank?), der wunderbare Fluss ist touristisch nicht erschlossen. Kaum Dörfer, nicht ein einziges Cafe irgendwo. Kaffeepause machen wir an einer Tankstelle an der Bundesstraße. Wir erreichen kurz vor Litija einen Bauernhof mit Zeltwiese, auf dem wir heute die einzigen Camper sind. Enten paradieren über die Wiese, von einem Collie bewacht.

 

Abends zieht es sich bedrohlich zu, Blitze zucken durch die tiefhängenden, dunklen Wolken. Ein beeindruckendes Schauspiel, jedenfalls solange es weit genug weg ist. Irgendwann setzt auch hier Regen ein und wir verziehen uns in unser heimeliges Zelt. Zum Glück bleibt das Gewitter in den anderen Tälern und kommt nicht zu uns.