Statistik

Zu jeder ordentlichen Reise gehört eine ordentliche Statistik!

  • Wir sind insgesamt 131 Tage unterwegs gewesen. Das sind 4 Monate und 8 Tage. Oder ca. 36% des Jahres 2018. Dabei haben wir ca. 5010 km zurückgelegt, inklusive aller Umwege.
  • Unsere längste Tagesetappe waren 84 km von Rom nach Anzio. Die kürzeste reine Radetappe waren 15 km von Vonyarcvashegy nach Alsópáhok in Ungarn.
  • Wir hatten 5 Platten: Zweimal Catrins Rad hinten, einmal vorne. Beide Mäntel haben wir im Laufe der Tour ausgetauscht, das wäre eigentlich schon vorher notwendig gewesen. Martins Rad hatte einen Platten vorne. Hinten mit dem neuen Schwalbe „Marathon Plus MTB Performance Smart Guard“ gab es keinen einzigen Platten. Peters Rad hinten (Schwalbe Big Apple 20 Zoll, niedlich!) hatte ebenfalls keinen Platten – wieso in Florenz sein aufgebocktes Vorderrad platt war, weiß ich bis heute nicht.
  • Unsere teuerste Unterkunft war die Pension in Albarella mit 100€ pro Nacht. Am billigsten war – abgesehen vom wilden Campen oder der Unterkunft bei Bekannten – der eigentlich geschlossene Camping am Monte Sant’Elia, der uns nichts gekostet hat. Die billigste Unterkunft gegen Geld war Campen im Biergarten Hofgut Bäldleschwaige für 7€ (mit Klo und Dusche!), die billigste feste Unterkunft war das geräumige Appartement in Lamezia Golfo für 24€.
    Der teuerste Campingplatz war „Camping in Town“ in Florenz mit 40,50€ pro Nacht für uns und unser Zelt.
  • Den besten Cafe/Cappuccino haben wir in Florenz im La Sostra dei Ciompi getrunken. Nach dem schlechtesten hatte Martin mehrere Stunden Magengrimmen, aber wir haben verdrängt, wo das war. Könnte am Campingplatz bei Paestum gewesen sein, da gab es jedenfalls eine ziemlich brandige Brühe.
  • Den billigsten Wein im Restaurant gab es in der Pizzeria Luzzi in Rom, 2,50€ für den halben Liter. Und der war völlig ok! Einen echt üblen Greco di Tufo haben wir als relativ teuren Flaschenwein im Restaurant in Neapel getrunken.
  • Unser günstigster Restaurantbesuch war in Lenti, Ungarn. Fisch, Fleisch, Beilagen, Wein, Bier, Softdrinks für ca. 18€. Menge und Qualität waren gut!
  • Die beste Pizza haben wir eindeutig in Neapel gegessen. Aber Pizza war überall in Italien gut.
  • Das billigste Bier gab es in Ungarn. In Bak haben wir es umgerechnet 1,25€ für den halben Liter gesehen. Sowohl in Ungarn als auch in Slowenien gab es eine Vielzahl von preiswerten Craft-Bieren. Am teuersten und zugleich am langweiligsten war das Bier in Italien, abgesehen von der unmittelbaren slowenischen Grenzregion. Dafür hatte Italien die besten und preiswertesten Weine. In der Bier-Wein-Kombinationswertung schnitt Österreich am besten ab.
  • Die flotteste Bedienung konnten wir im Heurigen in Krems bewundern. Noch während die Bedienung unsere Bestellung in ihrem per W-Lan angebundenen Gerät aufnahm, wurden bereits die zuerst bestellten Getränke an unseren Tisch gebracht. Leider kann ich mich nicht mehr an den Namen erinnern.
  • Der gammeligste Grenzübergang war bei Rédics zwischen Ungarn und Slowenien.
  • Die sinnloseste Aktion war unser 16-km-Spurt zur Donaufähre bei Visegrád, um anschließend festzustellen, dass der Königspalast und der Salomonturm am Montag geschlossen hat.
  • Das tollste Museum war das Ars Electronica Center in Linz. Darin hätten wir uns mehrere Tage aufhalten können. Angenehm auch, das die Eintrittskarte den ganzen Tag gültig ist, man kann zwischendurch das Museum verlassen und wiederkehren.
  • Martins überflüssigstes Gepäckstück war die zweite lange Hose. Er kann mich nicht erinnern, sie einmal getragen zu haben. Weiterhin nie genutzt haben wir ein paar Schaschlikspieße – die sollten als Erdnagel-Ersatz dazu dienen, das Zelt zwischen Pflasterfugen oder auf anderen steinharten Böden zu befestigen. Als wir ein einziges Mal den entsprechenden Bedarf hatten, konnten wir die Spieße genausowenig wie die Erdnägel oder Heringe in den Boden rammen.
  • Die unfreundlichsten Verkäufer haben wir in Palermo erlebt.
  • In Neapel herrschste der wildeste Straßenverkehr, kombiniert mit dem schlechtesten Straßenzustand. Obwohl wir uns auch dort auf dem Rad nicht unsicher gefühlt haben – die Italiener sind immer schön um uns drumherumgefahren.
  • Den höchsten Eintrittspreis haben wir im Aquarium in Genua bezahlt. Zwei Erwachsene, ein Kind für 70€. Das gammeligste Aquarium haben wir in Maribor besucht.
  • Unterwegs habe ich 2871 Fotos gemacht und Catrin dazu noch etliche mit ihrem Handy.

Fehlt noch was? Einfach nachfragen!

 

 

Rückreise

Freitag abend/ Samstag, 10.11.2018
Palermo – Genua, 4 km, insgesamt 4982 km
Die Fähre „La Suprema“ ist ein echtes Trumm von Schiff, 211 m lang und 30 m breit.

 

Auf mehrere Decks werden die Autos, Lastwagen und viele Auflieger ohne Zugmaschine verladen. Noch auf dem Parkplatz werden wir von einer Schweizer Familie angesprochen, ob wir nicht vor 5 Wochen auf dem Campingplatz in Pompei gewesen sind? Sie haben Peter wiedererkannt. Sie sind mit dem Wohnwagen unterwegs und unterrichten ihre beiden Kinder unterdessen selbst – in der Schweiz ist das eher möglich als in Deutschland. In Süditalien haben sie ungefähr die gleichen Campingplätze angesteuert wie wir, kein Wunder, das waren die, die noch geöffet haben.
Auf dem Schiff beziehen wir auf dem 8. Deck unsere Kabine mit Fenster nach draußen. Anschließend beobachten wir das Verladen und das Ablegemanöver. Ziemlich pünktlich um 23:20 Uhr verlassen wir den Hafen und nehmen Kurs auf das offene Meer. Die Lichter von Palermo verschwinden langsam im Dunkeln.

Das Meer ist ruhig, auf dem Schiff ist kein Rollen oder Stampfen zu bemerken.
Morgens frühstücken wir aus unseren Vorräten und wollen anschließend einen Cappuccino trinken. Vor unserer Nase wird die Ausgabe geschlossen – Sicherheitsübung! Alle Passagiere werden auf Deck 7 versammelt und müssen den Ansagen auf italienisch und einem unverständlichen Englisch lauschen. Gleichzeitig dröhnen über die Fernsehschirme weitere Sicherheitshinweise in anderen Sprachen. Wir hoffen, der Kahn geht nicht unter, wir hätten im Notfall nämlich keine Ahnung, was zu tun wäre.
Als die Sicherheitsunterweisung beendet ist, lässt sich die Kaffeebar noch geraume Zeit bis zur Öffnung. Als wir dran sind, werden wir wieder weggeschickt: Den online vorgebuchten „Food-Pass“, den wir beim Einchecken schon gegen einen Zettel mit Barcode umgetauscht haben, müssen wir zunächst an der „Rezeption“ gegen einen anderen Zettel mit Barcode umtauschen. Das dauerte abermals etwas Zeit. Ca. 75 Minuten nach unserem ersten Versuch hatten wir dann unser Getränk in der Hand.
Der Rest des Tages verläuft ziemlich langweilig. Das Kino zeigt nur italienische Filme, die Schwimmbäder sind geschlossen, die Hälfte der Bars und Cafes auch. Die Fähre ist längst nicht ausgebucht, überall ist viel Platz. Aber es ist warm und sonnig! Wir sitzen lange an Deck und lesen.

Pünktlich gegen 19:00 Uhr laufen wir in den Hafen von Genua ein. Wir beobachten fasziniert, wie das große Schiff im Hafenbecken dreht und passgenau rückwärts am Fährterminal einparkt.

Dann beladen wir unsere Räder und kommen mit als erstes vom Schiff. Überall stehen große Pfützen, aber aktuell ist es trocken. Wir fahren ein paar Schleifen aus dem Hafengelände heraus und erreichen schnell unsere Unterkunft: Die „Seagull“ ist ein kleines Segelboot im Porto Antico, das als Schlafplatz an Touristen vermietet wird. Aufgrund der Beschreibung auf booking.com haben wir eher mit eine Art Hotelschiff gerechnet. Der sichtlich angetrunkene Bootseigner erwartet uns bereits und weist uns ein. Es ist eng und müffelt. Die Dusche ist im Hafengebäude. Etwas irritierend ist auch der (freundliche) Italiener, der an Bord Fernsehen schaut, raucht und Rotwein trinkt, als gehöre das Boot ihm. Ok, morgen sind wir wieder weg.

Anschließend essen wir in einem gänzlich untouristischen Restaurant zwischen gammeligen Palazzi hervorragend Fisch.
Nachts meinen wir, Schritte über das Deck trappen zu hören. Am nächsten Morgen tauchen aus einer zweiten Kabine im Bug tatsächlich zwei weitere Gäste auf, die genauso überrascht waren, uns zu sehen, wie wir sie.

Sonntag, 11.11.2018
Genua – Mailand, 9 km, insgesamt 4991 km
Wir packen unsere Sachen auf die Räder, lassen sie aber noch im sicherheitsüberwachten Hafengelände stehen und laufen zum nahen Aquarium. Das ist sehenswert – große Becken mit vielen Fischen, Delfine, Robben, Pinguine, ein „Streichelbecken“ mit Rochen und Flundern und hübsch illuminierte Quallen. Und drei Seekühe, die die im Becken schwimmenden Salatblätter, Staudensellerie und Fenchelknollen abweiden!

 

 


Mittags holen wir unsere Räder und fahren die kurze Strecke zum Bahnhof. Wir nehmen einen durchgehenden Regionale nach Mailand. Ein junger Schweizer verlädt ebenfalls sein Rad mit Packtaschen, er ist die letzten drei Wochen auf Sardinien Rad gefahren und jetzt auf dem Heimweg.

Mailand überrascht uns mit Hochhäusern wie Frankfurt. Wir fahren 7 km zur Jugendherberge „Piero Rotta“. Zum ersten und einzigen Mal auf der Tour eine Jugendherberge! Das ursprünglich von uns gebuchte Hostel hat uns freundlicherweise zuvor mitgeteilt, das wir nirgendwo die Räder sicher unterstellen können und uns daher eine kostenlose Stornierung ermöglicht. Und ansonsten finden wir auf diversen Buchungsportalen für Mailand nur recht teure oder recht zentrumsferne Unterkünfte. Die JH ist zwar nicht billig, aber wir können die Räder einschließen lassen. Bei der Ankunft werden wir gewarnt, unsere Räder ja nicht aus den Augen zu lassen, sie würden sofort entwendet werden.
Abends Pizzeria mit flotter Bedienung und gutem, preiswerten Hauswein.

Montag, 12.11.2018
Mailand – Eschborn, 19 km, insgesamt 5010 km
Zum Frühstück in der JH gibt es sogar Brötchen und Butter, fein. Wir fahren zum Dom, um wenigstens ein wenig von Mailand zu sehen. Auf nicht wenigen Straßen gibt es Radspuren und sogar separate Radwege, das ist Premiere in Italien. Der Dom ist ein gotisch/neogotischer Riesenbau, der bei Peter die Assoziation von Stalagmiten in einer Tropfsteinhöhle weckt. Eigentlich ist nicht viel los, aber zuerst muss man ewig Schlange stehen zum Ticketerwerb (das lässt sich durch in der Ecke versteckte Automaten umgehen), dann muss man eine schneckenlangsame Leibesvisitation über sich ergehen lassen.

Nach dem Dombesuch fahren wir zum Bahnhof. Dort haben wir 9 km auf dem Tageskilometerzähler und somit mit dem letzten Kilometer in Italien die 5000 km erreicht! Wir müssen zugeben, dass wir in Palermo mit unserem Radausflug nach Mondello durchaus auch das Ziel „5000 km“ im Blick hatten …
Im Bahnhof müssen wir durch ein „Gate“ auf den Bahnsteig, wo nur Reisende mit Fahrkarten durchgelassen werden. Nach einiger Zeit wird das Gleis für unseren Zug angezeigt. Und tatsächlich hat der Wagen 5 zwei Radhaken und Gepäckablagen. Viel Platz ist da allerdings nicht. Wir hängen die Räder auf, quetschen Peters Rad irgendwie dazwischen und unsere Satteltaschen in die verbliebenen Lücken. Passt!

Glücklich sitzen wir mit Rädern im EC52, der durchgehend in 7 Stunden 36 Minuten nach Frankfurt fährt. Als wir in Basel deutsches Zugpersonal bekommen, erkundet sich der Zugführer interessiert, wie wir denn an die Radreservierung gekommen sind und bestätigt nochmals, dass dieser Zug in Deutschland nicht mit Rädern buchbar ist.

Die Durchquerung der Schweiz erfolgt bei Sonnenschein. Die Landschaft mit teilweise schneebedeckten Gipfeln in der Ferne sieht ein bisschen wie Fototapete aus.
Pünktlich (!) rollt der Zug im Frankfurter Bahnhof ein. Überraschung – dort warten unsere beiden Töchter mit Rädern, um uns in Empfang zu nehmen und nach Hause zu begleiten. Auch eine Kollegin von Catrin ist gekommen.

Wir fahren die endgültig letzten 10 km nach Hause und werden von Luftballons an der Tür und Catrins Schwester überrascht, die einen kleinen Sektempfang vorbereitet hat.
Peter ist überglücklich, sein Zimmer und seine Spielsachen wieder zu sehen.

Tja, damit ist der Reiseblog zu Ende. Ich (Martin) werde noch einen letzten Beitrag „Reisestatistik“ schreiben, die Ausrüstungs-Seiten mit den Erfahrungen der letzten Monate ergänzen und unsere tatsächliche Route veröffentlichen.

Palermo

Dienstag, 6.11.2018
San Nicola L’Arena – Palermo, 32 km, insgesamt 4944 km
Der Verkehr auf der SS113 wird stärker, je mehr wir uns Palermo nähern. Wir kommen wir durch den Ort Casteldaccia, der am Sonntag abend auch in den deutschen Nachichten erschien: Durch die Unwetter schwoll ein Bächlein mächtig an und ließ mehrere Menschen in einem Haus ertrinken. Wir sehen die Schlammreste auf der Straße und freuen uns, dass es jetzt sonnig ist.

Die Beine sind uns etwas schwer, die Vorstellung, dass heute die letzte Radetappe unserer Tour sein soll, stimmt uns gleichzeitig schwermütig und fröhlich. Wir fahren bis zum Ufer am Foro Italico und genießen den Blick auf Palermo, den Hafen und den danebenliegenden Monte Pellegrino.

 

Wir können unser Appartement „Antadia“ früh beziehen, dürfen die Räder in einem ungenutzten, verwahrlosten Raum im Erdgeschoss unterstellen und bekommen sogar den Schlüssel dazu.
Anschließend machen wir uns an die Erkundung der Stadt. Wir finden die Chiesa di San Cataldo mit drei arabisch wirkenden Kuppeln und direkt nebenan Santa Maria dell’Ammiraglio mit goldenen Mosaiken an Wänden und Kuppel.

Obwohl wir uns von Kultur und Kirchen gesättigt fühlen, überraschen uns diese beiden Kirchen sehr, sind sie doch komplett anders als alle anderen Kirchen, die wir auf unserer Tour gesehen haben.

Die Fontana Pretoria belustigt durch eine Reihe mehr oder weniger gut getroffene Tierköpfe.

Dann bummeln wir über den Straßenmarkt, auf dem vormittags wahrscheinlich mehr los ist.

Der Vergleich zwischen Palermo und Neapel drängt sich auf: Allerdings sind die Häuser in Palermo niedriger, die Straßen breiter, das Menschengewirr weniger dicht und der Verkehr weniger tosend und laut. Dafür sind mehr Menschen mit anscheinend nordafrikanischer Herkunft zu sehen.

Mittwoch, 7.11.2018
Palermo
Vormittags fahren wir nach Monreale, um uns den dortigen normannisch-arabisch-byzantinischen Dom anzusehen. Mit dem Bus – wir haben keine Lust, mit dem Fahrrad im Stadtverkehr von Palermo bergauf zu fahren. Der Dom beeindruckt mit seinen mosaikgeschmückten Wänden. Wir klettern ein paar Treppen hinauf, umrunden den Dom außen, haben einen wunderbaren Blick über Palermo bis zum Meer und können von oben in den Kreuzgang blicken.

 

Wieder zurück in Palermo schauen wir uns den „Normannenpalast“ mit der Cappella Palatina an. Innen wieder durchgehend goldfarbener Mosaikschmuck, an den Wänden und auf dem Boden arabisch wirkende geometrische Muster. Die geschnitzte Holzdecke erinnert an Stalaktiten in einer Tropfsteinhöhle. Den Eintritt erschwert uns die Gepäckdurchleuchtung, bei der Catrins Taschenmesser auffällt. Sie muss es erst draußen irgendwo unauffällig deponieren, bevor wir hineingelassen werden. Die übrigen Räume können wir unter der Woche nicht besichtigen, weil dort das sizilianische Regionalparlament tagt.

Am Nachmittag schauen wir uns die Kapuzinergruft an. Ein paar hundert Jahre wurden dort die Toten eher getrocknet als begraben und reihenweise auftrecht an den Wänden entlang aufgestellt. So konnte man seine Verblichenen noch lange besuchen. Der unterschiedliche Erhaltungszustand von Kleidung, Haut und Knochen wirkt etwas makaber. Bevor wir eintreten konnten, hat uns ein deutsches Touristenpärchen vom Besuch mit Peter abgeraten – der Anblick sei wirklich nichts für Kinder. Auch der Kapuzinermönch am Eingang äußert Bedenken. Peter dagegen findet die Begegnung mit den Toten durchaus interessant. An der „Attraktion“ der Gruft schleusen wir Peter allerdings vorbei – ein zweijähriges Mädchen, das im Jahre 1920 gestorben, einbalsamiert und überraschend lebensecht erhalten ist.

 

In Palermo erleben wir eine neue Art der Unfreundlichkeit, ähnlich, wie es in Berlin kultiviert wird. Beim Einkauf wird man recht zögerlich bedient, und im Café ist man eher Bittsteller als Gast. Wir hatten allerdings auch freundliche Bedienungen, z.B. die Dame, bei der wir zu Mittag „Cardoon“ gegessen haben, im Ausbackteig frittierte wilde Artischocke.

Donnerstag, 8.11.2018
Palermo
Vormittags sehen wir uns den Dom an. Von außen ein sizilianisch-typisches wildes Gemisch aus normannischen, arabischen und byzantinischen Stil, von innen eher langweilig.

 

In einer Seitenkapelle liegt Santa Rosalia, die Stadtheilige von Palermo. Der Staufer Friedrich der zweite liegt ebenfalls hier in seinem Sarkophag. Wir klettern aufs Dach und genießen den Ausblick über das sonnige Palermo. Anschließend bummeln wir die Haupteinkaufsmeile Via Maqueda und ihre Verlängerung entlang und landen mittags im eher kleinen Marktviertel Vucciria, wo wir Arancini essen – frittierte, gefüllte Reisbällchen.

Urlaubsmüde besuchen wir den botanischen Garten. Der ist ziemlich verwahrlost. Interessant sind die Mimosen, deren Blätter sich bei Berührung zusammenfalten, die grünen Papageien in den Bäumen und die riesigen Gummibäume mit ihrem gewaltigen Wurzelwerk.

 

Zurück im Appartement stellen wir fest, dass sich jemand unser Bier aus dem Gemeinschaftskühlschrank gegriffen hat. Ja, ja, Sizilien ist ein kriminelles Pflaster. Das war vielleicht das Schutzgeld für die Mafia.
Abends essen wir in einem Restaurant am Piazza Rivolutione Pizza, Pasta und – nicht ganz stilecht – Burger.

Freitag, 9.11.2018
Palermo/ Mondello, 34 km, insgesamt 4978 km
Den letzten Tag wollen wir am Strand verbringen und fahren mit den Rädern nach Mondello, einem kleinen Badeort ein paar Kilometer nordwestlich von Palermo mit einer beeindruckenden Seebrücke.

Es ist sonnig, leidlich warm und wir tun tatsächlich den ganzen Tag nichts außer lesen, im Sand buddeln und im Wasser plantschen.

Wir sind nicht die einzigen, es kommen immer wieder Leute für ein Sonnenbad oder ein paar Schwimmzüge. Getränke gibt es in der Bar gegenüber.

Am Nachmittag wieder zurück nach Palermo, dann kaufen wir ein paar Vorräte für die Fähre und essen nochmal am Piazza Rivolutione. Gegen 20:00 Uhr machen wir uns auf den Weg zur Fähre, die erst um 23:00 Uhr ablegen soll.
Ciao, Sicilia.

 

November auf Sizilien

Die Sonne scheint bei sehr angenehmen 20 bis 25 Grad. An den Straßenrändern in allen möglichen Farben blühende Büsche und Blumen: Oleander, Hibiskus, Wandelröschen, Schönmalve, Alyssum. Zwischendurch Gemüse- und Obstanbau. Besonders schön die allgegenwärtigen Orangenplantagen, aus denen es wunderbar orange hervorleuchtet. Schmetterlinge taumeln durch die Luft. Auch Bienen und Wespen sieht man hin und wieder. Die Grillen zirpen noch und Eidechsen flitzen über die sonnengewärmten Mauern. In den dicht gewachsenen, grünen Bäumen toben, zwitschern und pfeifen die Vögel als wäre es Nestbau- und Paarungszeit.
Ach, wenn es gerade nicht regnet oder stürmt, ist es wunderbar, im November auf Sizilien zu sein.

Endspurt die Nordküste entlang Richtung Palermo

Donnerstag, 01.11.2018
Catania/Messina – Spadafora, 45 km, insgesamt 4695 km
Bei Nieselregen machen wir uns auf den Weg zum Bahnhof. Die Fahrradabteile der italienischen Regionalbahnen sind immer ganz vorne oder ganz hinten. Entsprechend achten wir bei Zugeinfahrt in den Bahnhof darauf, ob vorne das Fahrradabteil ist. Ist es diesmal nicht. Also schieben wir flott die Räder nach hinten. Hmmh, dort gibt es nur ein abgeschlossenes Fahrrabteil. Da kommen wir nicht rein. Ratlos winken wir dem Zugbegleiter zu. Der winkt genervt zurück und bedeutet uns, die Räder irgendwo in den Zug zu wuchten. Das tun wir auch und versperren nun mit unserem Tross einen der Eingänge. Macht nix. Wir sind drin, sitzen trocken und werden nach Messina geschaukelt. Zwischendurch quetschen sich immer wieder mal Menschen durch unseren zugestellten Eingang. Na gut, wer’s sportlich mag. Der Zugbegleiter stellt uns auch dieses Mal pflichtbewusst kostenlose Fahrradkarten aus. Dieses Mal nur zwei: Das Fahrrad des Bambinos gilt noch nicht so richtig.
In Messina dräuen dunkle Wolken, doch es warten noch 35 km Weg auf uns, die wir nach einem kurzen Besuch einer Kaffeebar mutig angehen. Es gibt sogar einen richtigen Radweg neben der Fahrbahn. Auf diesem stehen allerdings riesige Pfützen. Für Regen sind die hiesigen Straßen nicht konzipiert. Außerdem endet der Weg sowieso wie die meisten gutgemeinten Radwege in Italien irgendwo im Nirgendwo.

Zum Glück ist es immer noch warm (ca. 22 Grad), der Regen entsprechend auch. Lt. Straßenschild sind es noch 253 km bis Palermo. Schade eigentlich, so kommen wir gar nicht mehr auf 5000 Radkilometer.


Einmal stellen wir uns unterwegs in einen Carport, ansonsten kommen wir halbwegs glimpflich und trocken in Spadafora in unserem Appartement „Casa Vacanze Spadafora“ an. Das ist eine komplette Wohnung, wir haben genügend Platz, unsere Klamotten zum Trocknen auszubreiten.
Heute ist Allerheiligen – in Italien ein hoher Feier- bzw. Gedenktag – und ab dem Mittag sind alle Straßen und Läden wie ausgestorben. Also können wir nichts kaufen. Das Bier am Abend fällt aus. Zum Glück findet sich noch ein Weinrest in den Satteltaschen.

Freitag, 02.11.2018
Spadafora – San Giorgio/ Gioiosa Marea, 64 km, insgesamt 4759 km
Wir stehen früh auf und kommen früh los. Zum Glück, da gerade der Markt auf der Uferstraße in Spadafora aufgebaut wird. Etwas später und wir hätten es wohl schwerer gehabt, uns dort durchzuwühlen.
Das Wetter soll auch heute noch durchwachsen sein. Entsprechend präsentiert sich heute der Himmel mit dramatischer Bewölkung. Etwas Regenbogen ist dabei und mit ganz viel Fantasie bekommen wir auch mal einen Sonnenstrahl ab.


Nach dem Umrunden einer Raffinerie durchqueren wir den hübschen Ort Milazzo. Danach wieder einmal kilometerweise ausgestorbene Strände. Bei der Kaffeepause kommt ein mächtiger Guss runter. Glück gehabt. Als es wieder trockener wird, fahren wir weiter. Es geht heute auf 200 m hoch. Die fahren wir mittlerweile erstaunlich locker. Oben angekommen kommen wir durch Tindari mit einem Kloster, in dem eine schwarze Madonna steht. Diese lassen wir links liegen, belohnen uns nach der Steigung aber in einer Bar mit fantastischen Panini, die mit Wurst, Schinken, Käse und Gemüse aus dem örtlichen Anbau belegt sind. Lecker! Während des Essens geht wieder ein kleiner Schauer nieder. Schön, dass wir wieder unter einem Dach sitzen.
Bei der Abfahrt fängt es richtig an zu regnen. Im Straßentunnel statten Peter und ich (Catrin) uns mit Regenhosen aus. Ein paar Brücken später müssen wir einen längeren Regenschauer abwarten. Peter findet es prima, da sich unter der Brücke eine riesige Pfütze befindet, in der es sich toll spielen lässt.

Einige hundert Meter nach dieser „Regenpause“ müssen wir frustriert feststellen, dass wir versehentlich in eine Sackgasse geraten sind. Wir müssen 1 km wieder bergauf auf die Hauptstraße fahren, um dann später den richtigen Abzweig zu nehmen.
Am frühen Nachmittag kommen wir im „Chris Appartement“ in San Giorgio an. Großer Wohnraum mit Küchenzeile, zwei Zimmer, viel zu schade, um nur eine Nacht zu verbringen. Das Beleuchtungskonzept ist beeindruckend, der Vermieter muss Elektriker sein.


Der um die Ecke liegende Conad-Supermarkt ist überraschend gut mit Bier ausgestattet. Spontan machen wir nach dem Abendessen eine Bierprobe bei toller Beleuchtung, abseits der üblichen Marken Moretti, Peroni und Nastro Azzurro. War erfolglos, schmeckten langweilig. In Italien trinkt man besser Wein.

 

Samstag, 3.11.2018
San Giorgio – Santo Stefano di Camastra, 70 km, insgesamt 4829 km
Wieder früh los, um das Licht der kurzen Tage auszunutzen. Der Sonnenaufgang ist auf Sizilien ca. 45 Minuten früher, der Sonnenuntergang ist nur wenig später als in Frankfurt. Der bange Blick zum Himmel – es hat viele Wolken, aber es ist trocken.

Wir fahren die SS113 entlang, die entlang der Nordküste Siziliens von Messina nach Palermo führt. Der Verkehr ist angenehm dünn. Auf dem ersten Stück fahren wir spektakulär am Steilufer entlang und müssen auch einen kurzen Tunnel passieren, vorher sogar mit einem Warnschild „Vorsicht Fußgänger und Radfahrer“.

 

Ungefähr 15 km später ereilt uns ein Regenguss. Praktischerweise erreichen wir grade bei Brolo ein Einkaufszentrum, da können wir uns und die Räder unterstellen und bei Cappuccino und Cornetto abwarten. Später kommt tatsächlich ab und zu die Sonne heraus und wärmt wunderbar.

Hin und wieder versuchen wir, Alternativrouten zur SS113 zu fahren. Hier nun ein Beispiel für Martins Aussage: „Laut meiner OSM-Karte ist die Strecke durchgehend asphaltiert.“

Ein paar Kilometer später stoppt ein Auto, der Fahrer erzählt irgendwas von „Presse“, fragt uns kurz nach woher und wohin und fotografiert uns. Da die Verständigung auf italienisch immer noch sehr holprig ist, fragen wir uns, ob wir jetzt in irgendeinem Lokalblatt unter „gemische Nachrichten“ erscheinen.
In Marina di Caronia finden wir ein nettes Restaurant direkt am Meer, um zu pausieren. Der Wirt spricht englisch und serviert uns drei Teller gemischte Pizzastücke, die auf der Speisekarte nicht zu finden sind.

Unser Ziel ist Santo Stefano, ein kleines Städtchen aus dem 17. Jh. mit geometrischem Grundriss. Spezialität des Örtchens scheint bunte Keramik zu sein, wir sehen viel Keramik in den Läden und als Schmuck an den Wänden. Hausnummern, bunte Fliesen, Vasen, öffentliche Aschenbecher, alles aus bunter Keramik. Hübsche Gassen, kein Müll (!).


Unser Appartement „House Paradise“ ist diesmal ein ganzes Haus: Drei Stockwerke hoch, aber superschmal. Ein Schlafraum mit winzigem Bad im ersten Stock, ein weiterer Schlafraum im zweiten und die Küche mit noch einem Bad im dritten Stock. Das Erdgeschoss fehlt irgendwie. Und in der Küche sind die Spülbecken aus hiesiger bunter Keramik!


Als wir am späten Nachmittag unser Abendessen einkaufen, werden wir vor dem Weinladen angesprochen, ob wir nicht die mit den Fahrrädern sind. Wir erstehen 1 Liter Nero d’Avola vom Fass für 1,90€, der locker mit vielfach teureren Weinen mithalten kann.
Catrin und Peter besuchen die Vorabendmesse. Keine Orgel, aber ein paar Gemeindemitglieder sorgen für ordentlichen Gesang.

Sonntag, 4.11.2018
Santo Stefano – Cefalú, 43 km, insgesamt 4872 km

Hektisch bimmelt früh morgens von 7:30 bis 8 Uhr im Viertelstundenabstand das Glöckchen der Klosterkirche, die unserem Appartement gegenüberliegt. Gerade am Sonntag soll wohl das geneigte Kirchenvolk daran erinnert werden, den Gottesdienstbesuch nicht zu vergessen. Gut, dass wir schon wach sind, sonst wären wir sehr unsanft aus dem Schlaf gerissen worden.

Das mitgebuchte Frühstück gibt es in der Bar Paradise – „richtig“ gefrühstückt haben wir vorher, Cafe und Cornetto ist uns doch zu wenig. Über die heute angenehm verkehrsarme SS113 fahren wir weiter nach Westen.

Es ist trocken und der Himmel zeigt blaue Flecken, hurra! Bei einer Pause in Finale treffen wir auf einen Trupp Rennradler, die sich nach unseren Zielen erkunden, und Peter bekommt von einer völlig unbekannten Dame Schokolade geschenkt. Un Bambino biondo!
Cefalu schmiegt sich an einen ins Meer ragenden Berg an und ist ziemlich touristisch. Der Dom sieht interessant aus. Wir erleben das Ende einer Messe, die anscheinend der örtliche Bischof zelebriert hat. Orgelspiel und Chorgesang klingen gut.

Am Bahnhof versuchen wir, unsere Rückfahrt zu organisieren. Aber auch hier gibt es keinen besetzten Schalter und die Bar verkauft nur lokale Fahrkahrten. Wir werden an die „Agencia“ verwiesen, ein Reisebüro in der Stadt. Das hat heute zwar zu, aber immerhin weisen Aufkleber auf eine Trenitalia-Agentur hin. Das versuchen wir morgen noch mal.
Wir fahren weiter bis zum Camping Sanfilippo, der geöffnet hat. Außerdem macht der Wetterbericht Hoffnung auf eine trockene Nacht. Der Platz hat einen Zugang zum Meer – Sonne, Felsen, Peter spielt am Strand. Für Anfang November echt fein.

 

Montag, 5.11.2018
Cefalú – San Nicola L’Arena, 40 km, insgesamt 4912 km
Bei bestem Wetter wachen wir auf. Wir können uns Zeit lassen und frühstücken gemütlich, bis die Sonne hinter dem Felsen hervorkommt.
Um 9 Uhr macht Martin sich auf dem Weg zur gestern gefundenen Trenitalia-Agentur, um Fahrkarten für die Rückfahrt zu organisieren. Peter und ich freuen uns, dass wir während dieser Zeit am Meer sitzen und spielen können.

2,5 Stunden später kommt Martin mit der freudigen Nachricht, dass er tatsächlich Fahrkarten incl. Fahrradreservierung für Montag, 12.11. erstehen konnte. Von Mailand ein Direktzug nach Frankfurt. Es ist der EC52, für den uns die Serviceline der Deutschen Bahn jede Radmitnahme geleugnet hat. Prima! So lässt es sich doch viel entspannter dem Ende unserer Reise entgegensehen.
Wir brechen auf, werfen einen letzten Blick auf das bildhübsche Cefalu und fahren dann die an dieser Stelle Siziliens recht langweilige SS113 entlang.


Wir kommen durch Gemüsefelder, die vom Regen der vergangenen Woche komplett überflutet sind. Ein sehr eindrückliches Bild. Nun verstehen wir auch die vielen Fragen unserer Freunde und Verwandten in Deutschland nach unserem Wohlergehen. Hier muss es richtig schlimmes Unwetter gegeben haben.

Zum Glück sind wir drum herum gekommen. Auch auf der ufernahen Straße sehen wir nun Reste einer kürzlichen Überflutung. Puh – Glück gehabt! Aus Catania waren wir schnell genug weg, bevor dort die große Flut kam. Und hierhin sind wir spät genug gekommen, dass wir nur noch die Reste des Unwetters zu sehen bekommen.
In Termini Imerese sehen wir am Hafen eine Fähre der Reederei GNV liegen. Mit so einem Schiffchen werden wir am Freitag und Samstag nach Genua übersetzen.


Knapp hinter Termini Imerese erreichen wir San Nicola L’Arena und beziehen ein Appartement für diese Nacht. Noch ein kurzer Spaziergang zum Hafen und Einkauf in den örtlichen kleinen Lädchen für das Abendessen und schon ist es wieder dunkel und der Abend bricht an.

Frei nach dem Motto: Wollt ihr noch ein paar Chips zum Spritz?

Auf dem Weg heute werden wir zart auf unser nächstes Projekt in Eschborn hingewiesen: Eine neue Matratze fürs Bett muss her. Und wie wir sie nach Hause bekommen, wird uns hier perfekt präsentiert.

Sizilien Ostküste

Montag, 29.10.2018
Messina – Catania, 13 km, insgesamt 4650 km
Zunächst wollen wir Richtung Süden die Touristenziele an der Ostküste Siziliens ansehen. Auf dem Weg haben wir sogar drei Campingplätze gefunden, die geöffnet haben. Allerdings ist für die nächsten Tage immer wieder Regen angesagt. Deswegen werfen wir unsere Planung gleich wieder um, buchen für drei Tage ein Appartement in Catania und fahren mit der Bahn dahin. Also morgens erstmal wieder zurück zum Bahnhof nach Messina. Wir sind früh dran und dürfen deswegen den Berufsverkehr erleben. Kein Vergleich zum gestrigen Sonntag! Beeindruckend sind die Autostaus rund um die Schulen, wo besonders die kleinen Bambini von den besorgten Eltern sicher bis aufs Schulgelände geleitet werden, während die Autos kreuz und quer unmittelbar davor abgestellt werden. Selbstverständlich trägt kein Kind seinen Ranzen selbst. Das erledigen die Eltern. Der Wind weht in starken Böen (diesmal von hinten). Vom Zug aus sehen wir das graue Meer in großen, gischtschäumenden Brechern ans Ufer branden.
Die Radmitnahme im Zug ist auf Sizilien praktischerweise gratis. Allerdings muss uns die Zugbegleiterin dafür noch drei Gratis-Tickets ausstellen …
Catania hat einen Dom St. Agatha, einen Domplatz, auf dem ein Elefant aus schwarzem Lavagestein einen hellen Obelisken trägt, viele andere Plätze, und sieht ansonsten so aus, wie man sich eine sizilianische Stadt vorstellt.

Unser Vermieter (Appartement „Lettoecornetto Casavacanze“) lädt uns erstmal auf einen Espresso ein und befragt uns nach dem woher und wohin. Er versorgt uns mit einem Stadtplan und zeigt uns auf dem Plan die interessanten Punkte. Befreit von den Rädern laufen wir anschließend durch die Stadt, besuchen das Castello mit Museum und trinken einen Aperitivo.

Zwischendurch werden wir immer wieder von den tiefhängenden Wolken beregnet. Eigentlich ist es typisches Novemberwetter: Windig, grau und nass. Was nicht dazu passt, sind die Temperaturen von bestimmt mehr als 20 Grad und unsere dünnen T-Shirts.
Den Ätna haben wir bisher übrigens noch kein einziges Mal gesehen. Nur Wolken.

Dienstag, 30.10.2018
Catania und Syracus
In Catania besuchen wir morgens den Markt. Schweinehälften, Lammteile, Rinderfüße, diverse Innereien, Käse, Wurst, Gemüse und viel aus dem Meer – Muscheln, Tintenfische, Garnelen, Krabben, kleine, große und sehr große Fische. Besonders imposant sind die Schwertfische, die scheibchenweise verkauft werden. Nirgendwo irgendwelche Ökosiegel zu sehen, die arterhaltende Fischerei garantieren sollen. Der Markt ist klein und wirkt einfach nur – normal. Nix Touristen und so’n Gedöns.

Anschließend gehen wir ins griechisch-römische Theater. Mitten zwischen den Häusern sind die Reste des ehemals griechischen Theaters erhalten, wo wir durch überraschend viele Gänge streifen und allerlei kleine Ausstellungen sehen. Die Beschriftungen sind praktischerweise auch auf Englisch.


Dann fahren wir mit der Bahn nach Syrakus. Der interessante Teil der Stadt liegt auf einem Inselchen, quasi wie Lindau. Im Gegensatz zu Lindau ist Syrakus eine griechische Gründung. Der Dom Santa Lucia ist ein ehemaliger griechischer Tempel, und man sieht es ihm an: Die dorischen Säulen sind in den Seitenwänden nach wie vor deutlich sichtbar. Die spätere Barockisierung kommt nur mühsam dagegen an.
Später laufen wir zum archäologischen Park – aber die Aussicht auf einen griechischen Steinbruch und noch ein Theater kann uns diesmal nicht verlocken. Deswegen sparen wir uns die Besichtigung. Auf der Rückfahrt im Zug sitzt hinter uns das gleiche Pärchen wie auf der Hinfahrt.


Es ist ein wunderbar sonniger Tag, leider sagt der Wetterbericht für die nächsten Tage erneut viel Regen an.
Abends lesen wir im Web, dass gestern in Italien von den Alpen bis herab nach Neapel heftigste Unwetter gewütet haben. Da sind wir in Catania glimpflich davongekommen.

Mittwoch, 31.10.2018
Catania und Ätna
Wir haben eine Tour auf den Ätna gebucht. Das hätten wir zwar lieber gestern bei gutem Wetter gemacht, aber auf diese Idee waren schon zu viele andere gekommen. Wir werden mit dem Auto morgens an unserer Unterkunft abgeholt. Der Fahrer Christian ist in Paderborn aufgewachsen, spricht dementsprechend gut Deutsch und wird unser Reisebegleiter sein. Unterwegs nehmen wir noch eine Familie mit einem Sohn mit, der nur wenig älter als Peter ist. Fein, da hat er Gesellschaft. Von einem Sammelpunkt fahren eine Reihe von Geländewagen auf den Ätna.

Wir überqueren Lavaströme der vergangenen Ausbrüche, der Ätna spuckt alle paar Jahre Lava aus. Diese fließt schön langsam und muss eher wie eine vorwärtsdrängende, langsame, heiße Steinlawine aussehen. Das erlaubt viel längere Vorwarnzeiten als bei lange ruhenden Vulkanen wie dem Vesuv, der irgendwann explosionsartig ausbricht und die nächsten Siedlungen unter pyroklastischen Strömen begräbt. Die ehemaligen Einwohner von Pompei und Herkulaneum könnten das bestätigen, wenn sie es noch könnten.
An einer Stelle stoppte ein Lavastrom in den 70er Jahren genau vor einem Kapellchen am Weg. Man sieht noch den erkalteten Basalt in der eingedrückten Wand. Ein Wunder!

Mit den Geländewagen fahren wir ein paar Rumpelwege „off road“, um die Tour aufzupeppen. Danach steigen wir in eine natürliche Lavahöhle, die früher im Winter zur Eiserzeugung und -lagerung genutzt wurde. Später wandern wir eine Stunde um den Sartorius-Nebenkrater herum, wo es immerhin den Schlund einer Fumerole zu sehen gibt. Leider regnet es mittlerweile kräftig und hier oben ist es zudem kalt und windig.

Wenig später sind unsere Hosen und Schuhe völlig durchnässt. Auf dem weiteren Weg sehen wir noch, wie ein Lavastrom von 2003 – dem letzten größeren Ausbruch – die damalige Straße begraben hat.

Die Vegetation ist hier tatsächlich herbstlich bunt. Die Birken am Ätna bilden eine eigene Art, wachsen in mehreren verzweigten Stämmen und wirken weißer als die uns bekannten Birken.

Abschluss der Tour ist in einem Restaurant am Fuße des Ätna-Skigebietes. Die Pistenraupen unter den Pinien wirken etwas seltsam.
Nach einer länglichen Rückfahrt mit nasser Hose werden wir am Nachmittag wieder an unserer Unterkunft abgesetzt. Nachdem die Turnschuhe trocken gefönt sind, gehen wir essen: Die Küche von Catania ist u.a. für Pferdefleisch bekannt. Ein ebensolches Kotelett bestelle ich (Martin). Nach unseren bisherigen Restauranterfahrungen erwarten wir bei den kleinen Preisen auch kleine Portionen und bestellen großzügig mit Vorspeise, Beilagen und Salat. Überraschenderweise sind die Portionen groß und wir schaffen längst nicht alles.
In der Nacht rauscht der Regen weiter.

 

Endspurt nach Sizilien

Mittwoch, 24.10.2018
Scalea – Paola, 62 km, 4430 km insgesamt.
Wir folgen der SS18 weiter nach Süden und weichen nach Möglichkeit auf Parallelstraßen aus, weil die SS18 hier viel befahren ist und des öfteren durch Tunnel führt. Bei km 4390 habe ich (Martin) meinen ersten Platten: Verursacher ist ein stabiler Pflanzendorn, der das Vorderrad durchbohrt hat. Das ist schnell geflickt. Die Orte die Küste entlang sind keine reinen Ferienorte mehr und deswegen belebter. Bei Marina de Belvedere kommen wir durch einen Markt, hier wird vor allem Kleidung verkauft. Das Dorf hat eine hübsche Strandpromenade, dekoriert mit bunten Mäuerchen und alten Fahrrädern.


Die Strecke gestaltet sich weitgehend flach. Nur die zwei Male, wo wir zurück auf die SS18 müssen, geht es steil den Berg hoch.

Nach einer letzten Steigung erreichen wir unser bescheidenes Appartement „Villa Rosa“ dicht an der SS18. Wir sitzen draußen und können vom Hügel herab das Meer sehen, bis die Sonne leider viel zu früh untergeht.

Im „Lonly Planet“ ist Paola als Städtchen beschrieben, in dem die Italiener im Trainingsanzug an der Straßenecke stehen. Wir sehen daher von einer Besichtigung ab, planen den weiteren Weg und stellen fest, dass wir eigentlich in 4 Tagen in Messina auf Sizilien sein müssten. Es sind nur noch ein paar Berge zu überwinden. Schauen wir mal.

 

Donnerstag, 25.10.2018
Paola – Lamezia Golfo, 68 km, insgesamt 4498 km
Weiter geht es die SS18, diesmal gibt es kaum Möglichkeiten, auf Parallelstraßen auszuweichen. Immerhin ist die heutige Etappe außer der Anhöhe zu Beginn in Paola ziemlich flach. Auf der Suche nach einem Cafe für die Vormittagspause werden wir im Dörfchen Pezzalonga fündig, ein paar Häuser, eingeklemmt zwischen Bahnlinie und SS18. Nach Campora San Giovanni führt die Straße kilometerweit schnurgrade durchs Land, zusammen mit dem Verkehr eingeklemmt zwischen den Leitplanken fühlen wir uns etwas unwohl. Irgendwann kommt uns tatsächlich ein Reiseradler entgegen und hält für ein Schwätzchen. Frank hat in Nürnberg einen Radladen und ist auf dem Rückweg aus Sizilien.
Unser Appartement „Villagio Lamezia Golfo“ entpuppt sich als gespenstisch leere Appartementanlage neben dem Flughafen Lamezia Terme, auf dem tatsächlich ein paar wenige Verkehrsflugzeuge starten und landen. In der leicht gammeligen Anlage bekommen wir 2 Zimmer mit Bad, Küche und Riesenbalkon für 24€, da haben wir auf einigen Campingplätzen mehr bezahlt.

Nachmittags gehen wir zum nahen, ziemlich leeren Strand und bleiben bis zum wieder einmal schönen Sonnenuntergang am Meer. Neben der untergehenden Sonne im Westen erscheint in der Ferne eine Insel – das müsste Stromboli sein.

 

Freitag, 26.10.2018
Lamezia Golfo – Mileto, 49 km, insgesamt 4547 km
Zum Frühstück finden wir uns in der uns am Vortag genannten „Bar“ auf der Appartementanlage ein, dort ist allerdings alles geschlossen und niemand zu sehen. Wir treiben einen Hausmeister auf, der uns mit Cappuccino, Birnensaft und in Plastik eingeschweißten Hörnchen versorgt.

Dann geht es weiter, immer noch auf der SS18. Auf dem Weg dahin müssen wir eine zugemüllte, abgesperrte Brücke überwinden.

Erstes Zwischenziel ist Pizzo, das Städtchen liegt auf einer Klippe über dem Meer. Hier soll in den 50er Jahren das Tartufo-Eis erfunden worden sein – eine gefüllte Eiskugel in irgendwas gerollt, in diversen Sorten. Am Platz im Stadtzentrum gibt es ein knappes Dutzend Eisdielen, die um Gäste wetteifern. Ok, dann müssen wir wohl Tartufo probieren und unterhalten uns währenddessen mit einem älteren Ehepaar aus Reutlingen, das 30 Tage hier in Süditalien verbringt.


Hinter Pizzo geht es bis Vibo Valenzia hinauf auf über 500 Meter und anschließend wieder ein Stück hinab bis Mileto. Dort haben wir etwas Mühe, unser B&B „Normanno“ zu kontaktieren. Die lt. Booking.com vorhandene Kochgelegenheit gibt es leider nicht, dafür versorgt uns der Vermieter mit gerösteten Pizzabrotresten vom Vortag. Der Ort besteht aus ein paar gitterförmig angeordneten Straßen und bietet quasi nichts Sehenswertes außer einer bemerkenswerten Häufung von älteren, zerkratzten kleinen Fiat-Modellen auf den Straßen. Wir kommen uns als ausländische Touristen etwas seltsam vor. In einer Bar bekommen wir zum Spritz außer den oftmals üblichen Chips und Nüsschen auch noch einen Teller mit frittierten Häppchen und Broten dazu, damit hat sich das Abendessen schon erledigt.

 

Samstag, 27.10.2018
Mileto – Sant’Elia di Palmi, 44 km, insgesamt 4591 km
Die ersten 13 km geht es abwärts, der aufmerksame Leser ahnt es bereits: Die SS18 entlang. In den Tälern hängen morgendliche Nebelfetzen, wir fahren durch Oliven- und Orangenhaine. Wir fahren durch Rosarno und Gioia Tauro, die miteinander um den Preis der hässlichsten Stadt auf unserem Weg wetteifern. Bröckelnder Putz, roher Beton, die Straße ein Flickwerk von Schlaglöchern, Müll und natürlich viel Stadtverkehr.

Nicht zum ersten Mal sehen wir viele dunkelhäutige junge Männer, die entweder an Straßenkreuzungen stehen und auf irgendwas warten oder auf klapprigen Rädern irgendwohin fahren. Vielleicht Flüchtlinge, die sich als Tagelöhner verdingen?
Vor Palmi geht es wieder aufwärts. Wir passieren Palmi und fahren schwitzend auf über 500 Meter hinauf bis auf den Monte Sant’Elia. Dort oben gibt es den Villagio Camping Sant Elia. Zuvor haben wir angerufen und uns vergewissert, das er geöffnet hat. Als wir dort ankommen, werden wir von einem jungen Mann in Empfang genommen, der uns eine Ecke für das Zelt zuweist und auf den Waschraum zeigt. Irritierenderweise wirkt alles tot und leer, hier scheint niemand anders zu sein. Der Waschraum ist zugeräumt und von Spinnweben durchsetzt. Catrin fragt nochmal nach, worauf ein anderer Herr uns erklärt, hier sei geschlossen und wir sollten am besten weiterfahren. Darauf haben wir nicht so recht Lust und nach einigem hin- und her dürfen wir für eine Nacht bleiben. Es gibt Wasser, damit ist die Mindestbedingung fürs Zelten erfüllt. Einige Zeit später zeigt uns der Herr noch ein Klo und eine Dusche, zugänglich, funktionierend und sogar warm. Offensichtlich sahen wir mitleiderweckend genug aus.


Wir laufen zum Aussichtspunkt am Monte Sant Elia und und erblicken Sizilien!

Es gibt sogar ein Restaurant, das geöffnet hat. Wir trinken ein Bier und bleiben die einzigen Gäste. Abends auf dem Campingplatz erwacht das Restaurant dort unerwartet zum Leben. Ab 21:00 Uhr strömen die Gäste, parken vor unserem Zelt und lärmen munter herum.

 

Sonntag, 28.10.2018
Sant’Elia die Palmi – Messina, 46 km, insgesamt 4637 km
Nachts und morgens leichter Regen, auch die Vorhersage für die nächsten Tage ist eher nass.

Wir ignorieren die Umstellung von Sommer- auf Winterzeit und stehen bei Sonnenaufgang auf. Bezahlen müssen wir nichts, sehr nett. Die nächsten 15 km geht es abwärts. Wir machen Stopp in Scilla, wo schon Odysseus auf seiner Heimkehr die Wahl zwischen Scilla (dem menschenfressenden Seeungeheuer) und Charybdis (dem schifferversenkenden Mahlstrom) hatte.

Mittlerweile bläst uns nicht nur gelegentlicher Regen, sondern auch der Scirocco heftig aus Süd entgegen. Der ist immerhin warm. In Villa San Giovanni verlassen wir endlich ungefähr bei km 510 die SS18 und fahren zum Fähranleger. Unkompliziert erstehen wir Fahrkarten für uns und die Räder (3€ pro Person incl. Rad), reihen uns in die Autoschlange auf die Fähre ein, schieben die Räder in den Bauch der großen Autofähre und schon legt die Fähre ab.

Der recht hohe Seegang macht den Aufenthalt zu einem Erlebnis, teilweise wird das große Schiff von mächtigen Brechern eingenebelt. Sizilien empfängt uns wolkenverhangen.

Unsere Reiseführer listen für Messina lediglich den Dom und eine weitere Kirche als Sehenswürdigkeit auf. Alles ist geschlossen, wir haben Mühe, ein geöffnetes Restaurant zu finden. Irgendwie haben wir uns Messina lebendiger vorgestellt, auch am Sonntag. Wir landen in der Trattoria del Popolo, in der wir preiswert speisen, während draußen ein heftiger Schauer niedergeht. Schließlich machen wir uns auf den Weg noch ein paar km Richtung Süden zu unserer Unterkunft „Nunzias house“. Unterwegs kommen wir an einem Lidl vorbei, der tatsächlich geöffnet hat und wo entsprechender Andrang herrscht.

Kaum sind wir drin, fällt das Licht bis auf die Notbeleuchtung aus – Stromausfall. Ärgerlicherweise funktionieren deswegen die Kassen nicht mehr, und das Sicherheitspersonal geleitet alle hinaus. Kaum draußen, geht die Beleuchtung wieder an. Wir kehren zu unseren Einkäufen zurück, die wir strategisch günstig vorne auf einem Kassenband abgelegt haben, und müssen noch einige Zeit warten, bis auch die Kassen rebootet sind.
Von unserem Appartement gehen wir noch ein paar Schritte zum nahen Meerufer – der immer noch starke Wind lässt hohe Brecher an den Strand rauschen und die Gischt stiebt. Viel zu früh wird es dunkel.

Basilikata? – Ein Gewürz, eine Kirchenbauweise oder was?

Freitag, 19.10.2018
Pompei – Salerno, 47 km, insgesamt 4213 km
Heute müssten wir eigentlich die Amalfi-Küste entlangfahren. Wir wagen es aber nicht – Reisende zuvor und auch Catrins Bruder Michael haben uns davon abgeraten. Die Straße sei schmal und kurvig, als Radfahrer – zudem als schwerfältiger Radfahrer mit Tourengepäck und Kind – solle man die Strecke nicht wagen. Dankenswerterweise versorgt uns Michael mit Fotos der Amalfiküste. Folgendes haben wir beispielsweise verpasst:

 

Also fahren wir direkt über die SS18 und parallel führende Straßen Richtung Salerno. Die Strecke führt durch geschlossene Bebauung, alles Orte, die noch zum Großraum Neapel gehören. Dementsprechend dicht ist der Verkehr. In Salerno schauen wir uns den Duomo an, in dem (angeblich) das Grab von St. Matthäus ist. Die große Krypta ist jedenfalls voll von Fresken aus dem Leben Jesu.

Dann wollen wir noch in ein Museum, in dem medizinische Praktiken des Mittelalters dargestellt werden, aber es ist wegen einer epischen Mittagspause von 13:00 bis 17:00 Uhr geschlossen. Also fahren wir noch einige Kilometer weiter am Meer entlang, hier endet die geschlossene Bebauung. Der Camping „Lido di Salerno“ hat geöffnet, viel Platz (bis auf die wenigen deutschen und österreichischen Wohnmobile) und liegt direkt am Strand. Wir plantschen im Meer in der Nachmittagssonne und genießen den Urlaub.

Samstag, 20.10.2018
Salerno – Paestum, 24 km, insgesamt 4237 km
Gradewegs die Küste entlang fahren wir heute nur einen kleinen Hopser nach Paestum. Unsere Tagesetappen werden mittlerweile stark von noch geöffneten Campingplätzen bestimmt. Auf der Suche nach einer Einkaufsgelegenheit zeigt uns Google einen Aldi an der Strecke – den haben wir hier schon lange nicht mehr gesehen. Den Aldi, den wir finden, hat allerdings bis auf den wahrscheinlich zufällig gleichen Namen mit „unserem“ Aldi nichts zu tun.

Vor dem Laden kommen wir mit einem Pilger ins Gespräch (erkennbar an der Jakobsuschel am Rucksack), der seit 9 Monaten zu Fuß unterwegs ist. Erst von Hamburg nach Rom, dann ist er weitergewandert nach Jerusalem, hat sich von einem Frachtschiff nach Neapel mitnehmen lassen und ist jetzt auf dem Weg in den Süden.
Weiter geht die Strecke an dem uns mittlerweile vertrauten Anblick geschlossener Lidos, Strandparkplätzen und diverser Campingplätze vorbei. In Paestum schlagen wir unser Zelt auf dem Camping dei Pini auf, der ganzjährig geöffnet hat. Dann sehen wir uns die griechischen Tempel an. Paestum, ursprünglich Poseidonia, ist eine griechische Gründung aus dem 6. Jhd. vor Christus, bis die Stadt im 3. Jhd. v. Chr. von den Römern erobert wurde, in der Kaiserzeit an Bedeutung verlor und im 5. Jhd. n. Chr. mehr oder weniger verlassen wurde. Die Gegend versank in Sumpf und Urwald. Erst im 18. Jhd. wurden die Reste wiederentdeckt, als eine Straße quer durch das Gelände gefräst wurde. Es stehen noch 3 imposant aussehende griechische Tempel dort. Goethe war auch schon da.

 

Sonntag, 21.10.2018
Paestum – Ascea, 55 km, insgesamt 4292 km
Der virtuelle Track der Eurovelo 7 bzw. Ciclopista del Sol scheint heute streckenweise über die autobahnähnliche Schnellstraße SS18 zu führen, was uns irritiert. Stattdessen fahren wir größtenteils über die SR 267, die wunderschön die Küste entlangführt. Mit einigen Steigungen, aber alle gut zu fahren.

Das Wetter ist ideal, Sonnenschein bei milder Luft. Auch der Verkehr lässt nach einigen Kilometern stark nach, wir wissen nicht, ob das dem Sonntag geschuldet ist. In Pioppi lockt uns ein Cafe mit einem Schild „Bicycle Stop“, dort essen wir eine Kleinigkeit und bestellen – dank unserer mangelhaften Sprachkentnisse aus Versehen – zwei Teller frittierte Sardinen. Hätten wir absichtlich nie gemacht, aber es war lecker!

Für die Nacht und den morgigen Tag ist Regen angesagt, deswegen haben wir uns im etwas abseits liegenden B&B / Restaurante „Il Grappolo“ einquartiert, obwohl wir lt. telefonischer Auskunft auch auf dem Wohnmobilparkplatz „il Mulino“ hätten campen können.
In Ascea gibt es griechische Reste zu besichtigen. Da diese lt. Reiseführer weder mit Tempeln wie in Paestum noch mit Häusern wie in Pompei aufwarten können, bleiben wir wo wir sind. Peter baut aus einer Klappliege eine Burg für seine Lego-Männchen. Wir erforschen die Route für den morgigen Tag. Diese verspricht viele, viele Höhenmeter auf den knapp 60 km bis zum nächsten B&B in Scario. Und das bei angesagtem Regen. Und einer von Google Maps verzeichneten Straßensperrung. Es wird also spannend.
Abends essen wir Pizza im angegliederten Restaurant. Die Küchenfee ist in Wuppertal aufgewachsen und unterhält sich mit uns auf deutsch.

Montag, 22.10.2018
Ascea – Scario, 16 km, insgesamt 4308 km
In der Nacht gibt es ein paar Gewitter und wir freuen uns über ein festes Dach. Morgens dräuen dunkle Wolken, aber es ist noch trocken.

Nach den ersten 8 km hat uns der Regen eingeholt und wir stellen uns unter einem Vordach in Ascea unter. Es schüttet wie aus Kübeln. Die Straße verwandelt sich in einen Fluss, die Autos fahren spritzend durch und aus den Gullideckeln kommen Wasserfontänen.

Irgendwann lässt der Regen nach, aber weitere dunkle Wolken ziehen heran. Wir beschließen eine Planänderung und fahren eine supersteile Straße hinunter zum Bahnhof in Mare di Ascea. Catrin stürzt fast auf der regennassen Fahrbahn, kommt aber glücklicherweise auch heil unten an. Am Bahnhof halten kaum Züge, der nächste Regionalzug Richtung Süden fährt um 14:26 Uhr. Den wollen wir bis Policastro Bussentino nehmen. Bis wir die Fahrkarten am Automaten erstanden haben, hat der Regen aufgehört und die Sonne kommt zwischen den Wolken hervor. Nun ja. Wir laufen durch den Ort bis zur Promenade am Meer – gähnend leer, alles geschlossen und das Meer brandet rauschend an den vollkommen leeren Strand. Peter findet’s prima und fängt gleich mit einem Stock an, im Sand zu wühlen.
Auf dem Rückweg zum Bahnhof noch in einer Pasticceria leckere süße Teilchen geholt (irgendwie muss man sich ja belohnen) und mit einem Cappuccino aus der Bahnhofsbar genossen.
Nun müssen nur noch die Fahrräder mit dem ganzen Gepäck auf Bahnsteig 2 gewuchtet werden. Also, alles abbauen, Treppe runter schleppen, durch den Tunnel (in dem das Wasser steht) tragen, Treppe wieder rauf tragen. Inzwischen sind zwei weitere Reiseradler angekommen. Beide mit E-Bikes (Riese und Müller) und Ortlieb-Satteltaschen ausgestattet. Zu unserer Überraschung entpuppen sich die beiden als Italiener. Allerdings kommen sie aus dem äußersten Nordwesten in der Nähe von Aosta, sind also quasi eher Franzosen. Denn Italiener haben wir bisher nur als Rennradler gesehen. Reiseradeln ist hier absolut unüblich, daher werden wir ja auch immer bestaunt, wenn wir vorbeiradeln.


Der Zug fährt ein, unter großem Hallo werden die Räder ins Fahrradabteil gehoben. Der Zug fährt die nächsten 30 km quasi Luftlinie fast immer im Tunnel. Wir steigen nach 3 Stationen schon wieder aus, warten den nächsten Regenguss ab und fahren 5 km zurück zu unserer vorgebuchten Unterkunft in Scario.

Wir beziehen eine ganze Wohnung mit Küche, die kaum mehr als ein Stellplatz beim Campen kostet. Der Ort hat eine hübsche Uferpromenade mit einem kleinen Hafen, die Brandung rauscht an die Mauer und die Küstenkulisse ist teils verhüllt von Wolken, teils angestrahlt von ein wenig Sonne. Touristen hat es um diese Jahreszeit hier nicht mehr.

 

Dienstag, 23.10.2018
Scario – Scalea, 60 km, 4368 km
Hurra, es ist trocken. Später lesen wir, dass gestern in Rom Wolkenbrüche mit Hagelschauer niedergingen. Da sind wir gestern doch recht trocken davongekommen. Wir fahren heute die SS18 „Tirrena Inferiore“ die Steilküste entlang. Von Policastro aus bewundern wir einen schönen Regenbogen hinter uns am Berg, wir bleiben trocken.

Ab Sapri windet sich die schmale Straße wunderschön am Hang entlang. Wir überqueren die Grenze zwischen Kampanien und Basilikata, diese Region war uns vorher kein Begriff. Die Straße ist gut und mit 5 bis 6 Metern breit genug für zwei Spuren. Solange man kein Bus oder LKW ist. Der Verkehr ist kaum nennenswert. Wir kommen gar nicht dazu, uns über die eine oder andere Steigung zu ärgern, weil sich hinter jeder Biegung ein neuer, atemberaubender Blick auf die Küste bietet. Vor einer Kulisse aus Sonne und Wolken zeigen sich die Steilküste und das türkis- bis dunkelblaue Wasser von ihrer besten Seite. Im Reiseführer wird diese Küste bei Maratea gerne mit der Amalfi-Küste verglichen. Im Gegensatz zur Amalfi-Küste konnte uns hier niemand von der Fahrt über diese wunderschöne Strecke abraten, und das war auch gut so.

 

Über Maratea erhebt sich auf einem Berg eine Christusstatue, die der auf dem Corcovado in Rio de Janeiro Konkurrenz macht. In der Kirche daneben ruhen die Gebeine von St. Blasius, der uns vielleicht auch bis ins Tal vor Halskrankheiten schützt. Da hinauf fahren wir mit den Rädern bestimmt nicht.

Bei Castrocucco ist Basilikata schon wieder zu Ende – die Region erstreckt sich zum größten Teil im Landesinneren – und wir erreichen Kalabrien. Die SS18 wird hier zu einer gut ausgebauten, breiten Straße mit mehr Verkehr und weniger landschaftlichem Reiz. Wir fahren etwas küstennäher (und steigungsärmer) über die SP1, bevor wir uns wieder ein paar Serpentinen zur SS18 hinaufschrauben. Mittlerweile hat der aus Nordost wehende Wind, der uns unterwegs schon gut geschoben hat, zu starken Böen aufgefrischt. Die SS18 führt zwischen Atrigna und San Nicola Arcella auf Brücken über einige tief eingeschnittene Schluchten. Vor den Brücken warnen elektrische Warnschilder vor „Vento Forte“. Auf der letzten Brücke heult der Wind unheilverkündend durch die Drahtgitter beidseits der Brücke und packt uns ins mit einer Böe von schräg hinten. Erst muss ich (Martin) mich darauf konzentrieren, nicht gegen die Fahrbahnbegrenzung gedrückt zu werden. Dann nehme ich den Schwung mit und lasse mich vom Wind flott auf 28 km/h beschleunigen. Wir sind froh, als wir die Brücken hinter uns haben und abwärts nach Scalea rollen. Was für ein Glück, dass wir nicht gegen den Wind fahren müssen.
Deutlich früher als angekündigt erreichen wir das Appartement „Casa Kerol“ in Scalea, wo just im gleichen Moment zufällig unser Vermieter auftaucht und uns freundlich in Empfang nimmt. Am Nachmittag laufen wir durch die Altstadt – enge Gässchen mit Treppen drängen sich um einen Hügel. Auf vielen Treppen geht es hinauf- und hinab. Daher auch der Name der Stadt Scalea – das heißt auf italienisch Freitreppe. Was für ein Glück, dass wir nicht aus Versehen ein Zimmer mitten in der Altstadt gebucht haben. Das hätten wir mit den Rädern schlecht erreichen können.

Neapel

Sonntag, 14.10.2018
Sperlonga – Mondragone, 58 km, insgesamt 4078 km
Wir fahren bei wunderschönem Wetter los. Die Küste präsentiert sich prächtig. Wir durchqueren einige Straßentunnels und machen Fotostopps, da jede neue Bucht, jede Kurve neue hübsche Ein- und Ausblicke liefert.

Gaeta ist weitgehend langweilig. Wir machen eine kurze Strand- und Sandpause und fahren dann weiter die Landstraße entlang. Diese ist dank Sonntag recht verkehrsarm. Die wenigen Autofahrer, die uns sehen, winken uns fröhlich zu. Die Rennradler grüßen freundlich. Erstaunlich,wie viele Menschen von unserem Tross ein Foto oder Filmchen machen. Zum großen Teil aus den fahrenden Autos heraus. Wir haben schon Beifahrer aus dem Fenster mit der Handykamera hängen sehen oder Fahrer, die uns ganz langsam überholten und uns aus dem geöffneten Beifahrerfenster fotografierten. Ein Rennradler, der uns entgegenkommt, wendet auf der Straße, kommt hinter uns her und fragt uns, wo wir herkommen und wo wir hinfahren, bevor er wieder seines Weges fährt. Wahrscheinlich sind wir auf allen Netzwerken Italiens schon Berühmtheiten und wissen es nur nicht …
Im Niemandsland einer menschenleeren (da Saisonende) Stadt winkt uns eine Dame aus der einzigen geöffneten Trattoria freundlich zu. Wir können nicht widerstehen, kehren ein und essen Lasagne und Teigteilchen, obwohl wir doch eigentlich nur einen Cappuccino trinken wollten.

Weiter geht’s die Landstraße entlang. Abends wollen wir irgendwo in Mondragone in einem Bungalowpark übernachten, da alle Campingplätze geschlossen haben. Und davon gibt’s hier an diesem Küstenstrich mehr als genug. Doch 500 m vor dem Bungalowpark steht ein Tor offen mit einem Campingschild. Wir fahren neugierig hinein, und treffen auf ein paar Menschen, die uns freundlich einen Stellplatz zuweisen. Da die Dauercamper auf diesem Platz ihre Hütten schon winterfest gemacht haben, sieht das ganze etwas wie Favela aus. Jedoch die Stellplatzreihe direkt am Strand ist mit ein paar Wohnmobilen (die meisten aus Deutschland…) belegt. Und mittendrin schlagen wir unser Zelt auf. Der Platz ist mit einer dünnen Schicht Sand bestreut, die von einem Netz festgehalten wird. Doch schon in 5 cm Tiefe ist Betongrund. Die Heringe halten kaum, aber das Zelt steht. Das Wetter ist schön, daher braucht es keine weitere Abspannung (haha – siehe Tagebucheintrag morgen).

Wir laufen noch an den Strand, springen ins Meer und genießen einen weiteren schönen Sonnenuntergang. Das ist der Vorteil, dass wir nun an der Westküste sind: Die Sonnenuntergänge sind klasse!

Montag, 15.10.2018
Montragone – Neapel, 68 km, insgesamt 4136 km
Thema des Tages: Fahrt durch hundert Welten
In der Nacht fängt es an zu winden. Da wir in den von einer dünnen Sandschicht überzogenen Beton-Stellplatz kaum Heringe hereinbekommen haben, ist es nur unserem Körpergewicht und dem einzigen haltenden Hering zu verdanken, dass das Zelt nicht weggeflogen ist. Als wir frühmorgens von dem Sturm aufwachen, flattert uns das Innenzelt um die Ohren und vor dem Fliegengitter ist vor lauter Vorzeltplane unser Gepäck nicht mehr zu sehen. Na gut – dann stehen wir halt mal im Halbdunkeln auf, kramen unsere Sachen zusammen und verpacken das flatternde Zelt. In einem halbwegs windgeschützten Eckchen zwischen den Baracken machen wir ein schnelles Frühstück und sind so schon ungewöhnlich früh unterwegs.
Nun beginnt eine wahrhaft spannende Tour.
Zunächst nehmen wir kleine Feldwege, um die Landstraße zu vermeiden. Denn im Gegensatz zu gestern (Sonntag) ist sie heute am Montag vollgestopft mit Lastwagen. Die Feldwege werden von den dort ansässigen Bewohnern offensichtlich als Müllkippe verwendet. Für uns unverständlich. Wir fahren unmittelbar am wunderschönen Mittelmeer entlang und wähnen uns auf einer Müllhalde. Vor allem vor dem Hintergrund, dass in den Städten der Müll nach Papier, Plastik und Glas getrennt gesammelt wird und auch auf allen Campingplätzen und B&B’s strikte Mülltrennung herrschte. Hier auf dem freien Land scheint all dies nicht zu gelten und Matratzen, Kühlschränke, Altkleider, Wohnzimmereinrichtungen und sonstiger Haushaltsmüll fliegen kreuz und quer durcheinander.

Wir kommen in das Uferstädtchen Pescopagano. Eine neue Welt tut sich hier auf. Diese Stadt scheint sehr ambitioniert auf diversen Reißbrettern entworfen worden zu sein. Jedoch ist sie offensichtlich schon vor dem Erblühen wieder verblüht. Wir sehen lauter leer stehende Häuser, Bauruinen, Schilder „Vendesi“ (zu verkaufen) auf Häusern, Grundstücken und Autos. Nun gut, die Urlaubssaison ist auch hier seit Mitte September vorbei. Doch wir versuchten uns vorzustellen, wie es hier wohl in der Hochsaison aussieht und können es uns beim besten Willen nicht vorstellen, dass hier dann mehr Leben herrscht. Aus einem der wenigen bewohnten Häusern kommt ein Mann mit einer Plastiktüte heraus. Peters Kommentar: „Guck mal Mama, der wirft jetzt seinen Müll ins Gebüsch.“ Was das Kerlchen auf dieser Tour alles lernt…
Nach dem Queren eines Flüsschens tauchten wir in die nächste Welt. Lauter Orte, die mit „Pineta“ beginnen und nahtlos ineinander übergehen. Kilometerlang fahren wir die Hauptstraße – umgeben von tosendem Verkehr – entlang. Nach rechts immer wieder Abzweige zu diversen Lidos, die alle gleichermaßen uneinladend aussehen. Zwischen Gewerbegebieten, Hotels und Lidos immer wieder leichtbekleidete Frauen, die an der Straße stehen oder sitzen und ihre Dienste anbieten.
Weltenwechsel: Wir erreichen den Ort Pozzuoli. Der Verkehr bleibt übrigens bis Neapel gleichmäßig stark und laut (dafür ist Neapel immerhin berühmt). Hier können wir die Vulkanlandschaft erahnen. Es tun sich Berge auf, die als Wände von Vulkankratern erkennbar sind. Als wir die erste Steigung hinter uns haben, liegt neben uns ein kreisrunder See (aha – Vulkankrater) und der Blick weitet sich Richtung Meer. Die Küste sieht von lauter Vulkantätigkeit in vergangener Zeit zerklüftet aus.

In einer Bar rüsten wir uns für die letzten 15 km nach Neapel hinein. Es geht munter in heftiges Verkehrsgewusel in immer engeren Straßen. Es empfiehlt sich eine sehr selbstbewusste Fahrradfahrweise, sonst kommt man hier nicht mehr wirklich vorwärts. Jedoch: Für einen deutschen Bambino biondo bremsen alle Autofahrer gern. Nur vor den Rollerfahrern muss man sich in Acht nehmen. Wir umrunden das Stadio San Paolo in Fuorigrotta und müssen die letzte Steigung vor Neapel nehmen. Zur Belohnung bekommen wir am Ende eine tolle Sicht über die Innenstadt mit dem Vesuv als Sahnehäubchen oben drauf.

Durch noch engere Straßen (geradezu Gassen) kommen wir in die Innenstadt, lassen uns durch die Flanier- und Einkaufsmeilen „Via Chiala“ und „Via Vittorio Emmanuele“ schwemmen und kommen punktgenau zum vereinbarten Zeitpunkt an unserer Unterkunft am Rande der Altstadt an.
Puh!
Wir wohnen im zweiten Stockwerk eines Altbaus. Leider können wir die Fahrräder nicht unten stehen lassen, dürfen sie aber mit in unser Zimmer nehmen. Also schleppen wir sie neben unserem ganzen anderen Gepäck auch noch die Treppen hoch. Zum Glück ist unser Zimmer riesig (besteht genaugenommen aus drei Zimmern), sodass genug Platz für noch weitere 8 Räder hier wäre.
Beim Auspacken einer von Peters Satteltaschen kommt uns tatsächlich noch eine Nacktschnecke aus Rom entgegen, die als blinder Passagier die letzten Tage mitgereist ist.
Abends lassen wir uns durch die Altstadt treiben, sehen uns das Barockmonster Chiesa Gesu Nuovo an und landen in einer Pizzeria, die uns beweist, dass man in Neapel tasächlich die weltbesten Pizzen essen kann.

 

Dienstag, 16.10.2018
Neapel
Morgens laufen wir zum Castel Nuovo, einer etwas seltsam anmutenden Trutzburg mit 5 Türmen und einem stilistisch unpassenden Marmorportal.

Dann treffen wir Catrins Bruder Michael an der Piazza Dante. Er macht grad Urlaub in Sorrent. Zeitlich passt das prima mit unserer Ankunft hier zusammen. Wir schauen uns den Dom an mit dem Blutreliquiar von San Gennaro, bestaunen in der „Krippengasse“ San Gregorio Armeno die absonderlichsten Dinge des italienischen Geschmacks und und lassen uns dann von Michael mit seinem Leihwagen auf den Capodimonte herauffahren.

 

Mit dem Auto durch den Verkehr in Neapel zu fahren, ist eine ganz eigene Erfahrung. Da bewegen wir uns lieber mit den Rädern durch den Verkehr. Man nimmt einfach weniger Platz ein. Am Nachmittag fährt Michael wieder zu seinem Hotel nach Sorrent und wir nehmen noch an einer Tour durch Neapels Untergrund teil.

Zu römischen Zeiten führte ein langer, unterirdischer Aquädukt nach Neapel. Die Römer haben diverse natürliche Höhlen mit Gängen verbunden. Diese dienten lange, bis zur Choleraepidemie 1885 der Wasserversorgung Neapels. Anschließend verkamen sie zur Müllkippe, bis sie im zweiten Weltkrieg als Schutzbunker wiederentdeckt wurden.

Wir besichtigen noch die Reste des römischen Theaters, die sich unter den Kellern der dichten Wohnbebauung in der Innenstadt finden lassen.
Beim Vergleich von Neapel mit Rom ist mir (Martin) für Rom das Wort „beschaulich“ eingefallen. In Rom selbst wäre ich nie auf die Idee gekommen, Rom beschaulich zu nennen. Aber in Neapel sind die Gassen nur halb so breit wie in Rom, die Häuser wirken höher und es sind viel mehr Menschen unterwegs. Neapel ist laut, dreckig, vermüllt und stinkt. Neapel ist quirlig, lebendig und authentisch, viel weniger touristisch als Rom. In Neapel tobt das Leben in den engen Gassen. Ob mir Neapel „gefällt“, kann ich schlecht beantworten, aber es hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck.

 

 

Mittwoch, 17.10.2018
Neapel
Heute wird ein spannender Tag. Wir fahren zum Vesuv, dem einzigen noch aktiven Vulkan auf dem europäischen Festland. Um die Ecke unserer Unterkunft sammelt uns ein Bus ein. Um die Ecke kommt ein altes, klapperiges Modell, das wohl in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts seine Blütezeit hatte.

Wir steigen ein und lassen uns eine Dreiviertelstunde lang durch ganz Neapel rumpeln, wo an diversen anderen Haltestationen weitere Leute eingesammelt werden. Nach der Haltestelle Herculaneum schraubt sich der Bus den Vesuv hoch. Peter wird es kodderig, hält aber bis oben durch. Ca. 100 Meter unter dem Kraterrand ist ein Busparkplatz, an dem wir aussteigen. Von nun an haben wir 2,5 Stunden Zeit, uns in aller Ruhe den Vesuv anzuschauen und die Vulkanatmosphäre zu genießen. Aber – welch eine Enttäuschung – der Zugang zum Wanderweg an den Krater ist verrammelt.

Auch der Schalter für die Eintrittstickets ist geschlossen. Wir stehen und schauen ratlos. Eine deutsche Touristin klärt uns auf: In den letzten Tagen ist wohl ein Felsrutsch niedergegangen, der nun noch aufgeräumt werden muss, bevor wieder Touristen in das Gebiet dürfen. Wir sehen Bagger am Berg herumfahren und einige gewichtig aussehende Leute, die das Übel begutachten. Nun ist guter Rat teuer. Wir haben 2,5 Stunden herumzubringen an einer etwas unwirtlichen Stelle Italiens. Die einzige Möglichkeit, die sich uns bietet, ist, die Straße den Berg herunterzuwandern, ein paar Landschaftsfotos zu schießen und sich an dem vulkanischen Geröll zu erfreuen. Irgendwann laufen wir mitten in ein Geröllfeld, holen den E-Book-Reader heraus und lesen „Alice im Wunderland“ vor.

Wieder oben essen wir noch unser Picknick auf und dann ist „schon wieder“ Abfahrtszeit. Den Vesuv-Ausflug verbuchen wir unter dem Kapitel Touristen-Abzocke. Denn wir sind sicher, dass alle (Fahrkartenverkäufer und Busfahrer) Bescheid wussten, dass oben auf dem Vesuv heute nicht viel los ist.
Am frühen Nachmittag sind wir wieder in Neapel. Wir steigen am ersten Haltepunkt aus (um nicht noch einmal 45 Minuten lang durch Neapel rumpeln zu müssen) und laufen durch die Altstadt zur Kirche San Lorenzo Maggiore. Dort wurden bei den Aufräumarbeiten nach dem zweiten Weltkrieg unter der Kirche Reste eines römischen Marktes gefunden, die nun besichtigt werden können. Für einen Euro Aufschlag bekommen wir sogar eine englischsprachige Führung. Das hat sich absolut gelohnt und wir können uns lebhaft vorstellen, wie es in der engen Gasse beim Bäcker, in der Wäscherei und in der Textilfärberei zugegangen sein mochte. Peter ist es noch wichtig, auch alle Räume des angrenzenden Museums zu besichtigen. Danach noch die Kirche, zur Abwechselung mal gothisch, mit der Grabstelle Katharinas von Österreich (wer auch immer das war…) bestaunt.

Und wo wir schon beim Geld ausgeben sind, gehen wir noch in die Capella Sansevero, deren vorstechendstes Merkmal die beeindruckenden Marmorfiguren (mal mehr, mal weniger freizügig) und der leicht bedeckte Jesus (auch komplett aus Marmor) sind. Der Jesus ist wirklich beeindruckend. Man meint, man könne das Tuch über Jesus anheben, jedoch ist alles aus Marmor. Zum Gruseln geht es noch in die Krypta unter der Kapelle, wo zwei menschliche Blutadern-Modelle aufgestellt sind. Gunther von Hagens lässt grüßen.

Am spannendsten daran ist noch die Legende um die Entstehung dieser beiden Modelle: Der Prinz Raimondo di Sangro als der Geldgeber der Kapelle, soll bei seinen alchimistischen Experimenten zwei seiner Diener bei lebendigem Leibe mumifiziert haben. Und vor dem Ergebnis stehen wir heute. Die Erläuterungen auf der Tafel neben den Modellen klingt viel banaler: Es handelt sich um ein mit Wachs ummanteltes Drahtmodel. Schade – so entgruselt es sich dann ganz schnell vor so einem Modell.
Nach einem Spritz in der Bar an unserer Unterkunft laufen wir noch einmal zur Piazza del Gesu, setzen uns dort in ein Restaurant und genießen mehrere Gänge eines italienischen Menüs und trinken dazu lecker Wein. Zu Martins Bedauern gibt es in dem Restaurant keinen Dessertwein.
Die Dunkelheit senkt sich über den Platz, der Zeitschriften- und Fahrkartenverkäufer schließt seinen Kiosk, die neapolitanische Jugend krakeelt laut herum, im benachbarten Fitnessstudio schwitzen die jungen Frauen, im Lastwagen neben dem Restaurant kann Blut gespendet werden und zweimal werden wir Zeuge einer Wachablösung des Militärs auf dem Platz.
Es stimmt: Neapel ist eng, laut, chaotisch, quirlig, dreckig. Wir werden Neapel morgen mit gemischten Gefühlen verlassen und nicht wirklich wissen, wie wir diese Stadt finden.

 

Donnerstag, 18.10.2018
Neapel – Pompei, 30 km, insgesamt 4166 km
Wir wagen uns in den tosenden Verkehr und fahren Richtung Pompei, meistens über die SS18. „Ruhige“ Parallelstraßen gibt es nicht, auch dort stehen wir oft genug zusammen mit den Autos im Stau. Aber die Autofahrer fahren fast immer schön um uns herum. Neapel verschwimmt übergangslos erst mit seinen Nachbarstädten Ercolano (Herkulaneum),Torre del Greco, Torre Annunziata und Pompei. Torre del Greco hat seinen Platz vor der Kirche mit einer gewaltigen Lichtinstallation geschmückt, die wir gerne abends gesehen hätten.

Die Straßen sind schlecht, der Asphalt bröselt oder wir rattern materialermüdend kilometerweit über grobe Pflastersteine. In einem kleinen Radladen unterwegs möchte ich (Martin) einen neuen Tacho kaufen, weil ein Wackelkontakt am Kabel vom Impulsgeber meinen Sigma zunehmend unbrauchbar macht. Leider lassen sich beide Tachos, die der Laden vorrätig hat, nicht zum Funktionieren überreden, so dass wir ohne Tacho weiterfahren. Ein paar Kilometer im nächsten Radladen gibt es dann einen funktionsfähigen Tacho.
Pompei hat in unmittelbarer Nähe zur Ausgrabungsstätte gleich vier Campingplätze zu bieten, anscheinend alle geöffnet. Wir steuern den Camping Spartakus an, klein und übersichtlich, wo wir unter Orangenbäumen unser Zelt aufschlagen.
In die Römerstadt gelangen wir ohne Schlange bei bestem Wetter und laufen die nächsten Stunden staunend durch die römischen Straßen und Häuser. Unsere E-Book-Reiseführer lotsen uns zu den wichtigsten Gebäuden. Es ist beeindruckend, sich eine ganze römische Stadt vorstellen zu können mit normalen Wohnhäusern, Läden, Handwerksbetrieben, Forum, Theater und Tempeln.

 

 

 

 

Dan Brown, Illuminati und Rom

Hier noch eine Dan Brown Illuminati-Zusammenfassung von Rom.

Achtung: Im Internet gibt es bestimmt viel bessere Zusammenfassungen, aber nur diese hier ist original von uns.

Pantheon, in dem der erste Mord doch nicht stattfindet:

Santa Maria del Popolo, in dem der erste Mord in der Chigi-Kapelle stattfindet:

Petersplatz, die West-Ponente-Plakette am Obelisken, wo der zweite Mord stattfindet:

Santa Maria delle Vittoria, wo der dritte Mord stattfindet:

Piazza Navona, der Vierströme-Brunnen, wo der vierte Mord stattfindet:

Engelsburg, in der der Showdown beginnt: