Ab ins Ausland

Samstag, 28.7.2018
Passau – Wesenufer, 42 km gesamt – 1216 km
Wir lassen es morgens ruhig angehen, da wir uns heute mit unseren Freunden Sandra und Manfred in Passau treffen wollen. Sie wollen uns drei Tage auf unserer Tour begleiten. Wir schauen zu, wie sich der gestern abend gut gefüllte Zeltplatz rasant leert und alle Reiseradler sich auf ihren Weg machen. Besonders tun es uns die beiten Briten an, die mit Klapprädern unterwegs sind und ihr Gepäck auf einem Longboard hinter sich her ziehen. Sie fragen uns nach dem Weg nach München und wir erläutern: die Donau bis Deggendorf und dann die Isar hoch, bis München. Also ganz einfach.
Wir fahren in Passau zunächst zur Buchhandlung, wo ich den Reiseführer bis Budapest abhole. Der REWE nebenan lacht uns an und wir machen eine erste Essensrast. Währenddessen ruft Sandra an und vermeldet, dass sie da sind. Wir fahren zu ihrem Parkplatz und räumen erst mal um. Sie bringen uns ein paar Sachen mit, die wir bei unseren Housesittern geordert haben, dafür liefern wir die abgearbeiteten Reiseführer bei ihnen ab.
Gemeinsam schieben wir durch die Altstadt Passaus und schauen uns den Dom mit der weltgrößten Kirchenorgel an. Martin und ich haben Erinnerungen an unseren ersten Passaubesuch1993, als wir mit dem Fahrrad von Venedig wieder zurückfuhren. Wir besuchten die Sonntagsmesse im Dom und mussten uns eine ziemlich unsägliche Predigt anhören. Einer der Momente, wo es uns Leid tut, dass wir damals nicht aufstanden, protestierten und gegangen sind.


Weiter geht’s zur Innmündung. Einfach faszinierend, wie sich das dunkle Wasser der Donau mit dem milchigen Wasser des Inns mischt. Wer sich das folgende Foto genau anschaut, kann links das dunkle Donauwasser und rechts das milchige Innwasser erkennen. Ach ja – und zwischendrin stehen wir:

Nach einer Picknickrast am Inn-Zufluss machen wir uns zu fünft auf den weiteren Weg der Donau entang.

Aufregend: Heute überschreiten wir die erste Staatengrenze und kommen nach Österrreich. Auf dem Weg philosophiere ich mit Sandra, was für ein Glück wir haben, dass wir in so einem tollen Staatenverbund wie der EU leben dürfen und dass Dank Schengen das Reisen hier so wunderbar klappt. Wir hoffen, dass diese Situation noch lange bleibt und nicht durch „übermotivierte“ Politiker zunichte gemacht wird.

Die Grenze hatten wir uns trotz allem etwas beeindruckender vorgestellt:

Mit Rückenwind fährt’s sich leicht und am späten Nachmittag kommen wir in Wesenufer an. Ein Campingplatz, an dem offensichtlich nur selten Radwanderer ankommen. Am Eingang das Schild, dass Stellplätze nur für Dauercamper vergeben werden. Aber eine Zeltwiese hat’s, die wir allein belagern dürfen und auch einen überdachten Tisch, an dem wir den für uns inzwischen obligatorischen Regenschauer abwarten (Dürreperiode??? Niedrigwasser??? Die einzige Wolke Deutschlands und Österreichs scheint uns zu verfolgen.)
Baden in der Donau geht hier wunderbar. Der Inn hat spürbar kühleres Wasser beigesteuert, was das Ganze noch erfrischender macht.
Mangels Bewirtung gehen wir abends ins nebenan gelegene Sportlerheim, schauen uns die letzten Minuten des Matches der örtlichen Fußballmannschaft an und genehmigen uns noch ein Bier. Peter findet einen Tischkicker und spielt mit Sandra, Manfred und mir.
Als Sandra, Manfred und Peter in die Zelte kriechen, schlendern Martin und ich noch durch den Ort und landen vor dem Feuerwehrhaus auf dem Feuerwehrfest. Die Blasmusi spielt auf (ca. 1/3 der Bewohner), es wird toll bewirtet (ein weiteres Drittel der Bewohner) und die Biertische sind mit Gästen gut gefüllt (das letzte Drittel der Bewohner). Die Musik wird mit jedem Marsch leicht schräger, da ständig von Oberamtsmännern und ähnlich wichtigen Menschen Runden für das Orchester ausgeben werden. Rund um die Stühle der Musiker stehen leere Biergläser. Wir freuen uns, als sich einer der Gönner den „Hessenmarsch“ wünscht. Haben wir zwar noch nie gehört, fühlen uns aber verbunden.

Sonntag, 29.7.2018
Wesenufer – Feldkirchen, 42 km – gesamt 1258 km
Nach einem leckeren Frühstück mit Brot, allen möglichen Belägen, Müsli mit Obst, Joghurt und Milch brechen wir gut gesättigt auf.
Um 7 km später wieder anzuhalten. Dort lockt uns die Schlögener Schlinge mit einem Aussichtspunkt, der nach einer halben Stunde Wanderung den Waldweg hinauf erreicht ist. Ein wunderschöner Blick auf die Donau eröffnet sich. Und ja – es ist nicht die Saarschleife, sondern hier hat die Donau es nicht geschafft, sich durch den Granitfels zu arbeiten und hat daher die Schlingenform gewählt.

Nachdem Peter gegen Sandra nach dem Frühstück bei einem Spiel verloren hatte, hatte er sich genügend aufgeregt und somit Energie in sich dass er schon die 7 km (sanft bergauf und bergab) allein mit dem Rad und dann die Wanderung in einem enormen Tempo bewältigte.
Wir fuhren noch 1 km weiter, um mit der Fähre überzusetzen.

Dort erwartete uns ein traumhaftes Heurigenlokal. Wir hatten schon wieder ordentlich Hunger und bestellten Brettljause und Most. Zum Nachtisch gab’s noch Kuchen des Hauses. Alles aus eigener Herstellung und unglaublich lecker. Auch eine Zeltwiese hätte es am Haus gegeben, jedoch war dies nach 8 km Radfahren keine Option, obwohl sehr verlockend. Wer sich auch mal auf diese Tour begeben möchte, sollte sich auch für einen durchaus längeren Halt diese Adresse merken: www.radfaehre.at, Siegfried Pumberger.


Weiter geht’s durch ein idyllisches Donautal. Fast kaum zum Aushalten. Die Donau fließt majestätisch dahin, gesäumt von bewaldeten Bergen, hin und wieder mal ein Bauernhaus oder Hofgut. Der Weg ist wunderbar asphaltiert und quasi autofrei. Zwischendurch mal eine Burgruine auf den umgebenden Hügeln oder ein Biotop am Wegesrand. Das Wetter ist optimal sonnig warm, wir fahren jedoch die ganze Zeit im Schatten der Bäume. Hach, wenn es doch so bis Sizilien weitergehen könnte.
Spätnachmittags kommen wir am Campingplatz am Feldkircher See an. Schnell die Zelte aufgebaut und dann ins kühle Nass. Peter freut sich sehr, dass Sandra und Manfred ihm seine Schwimmflügel mitgebracht haben und paddelt glücklich durch das Wasser.
Abends ein aus den Resten unserer Satteltaschen und zwei erbettelten Tomaten ein sehr leckeres Couscous-Gericht gezaubert. Sandra hat nachmittags auf einem Feld noch ein paar Spät-Erdbeeren entdeckt, die unser Nachtisch sind.


Nach ein/zwei Bier und einem Spiel zufrieden ins Zelt gesackt und aufgeregt auf morgen gewartet, denn da kommt Peters großer Tag.

Passau

Freitag, 27.7.2018
Niederaltaich – Passau, 53 km – gesamt 1174 km
Seltsam – heute nacht kein Niederschlag und auch den ganzen Tag nicht. Dunkle Wolken haben wir kurz vor Passau durchaus gesehen, aber die haben wohl andere Radler erwischt.
Nach dem Aufstehen erst mal eine kleine Kreuzfahrt mit der Fähre in Niederaltaich gemacht. Einmal gegenüberliegendes Ufer und zurück.


Die erste Etappe geht bis Vilshofen. Besuch der Eisdiele in der Altstadt. Die riesigen Eisbecher ersetzen unser Mittagessen.
Weiter geht’s nach Passau. Dort den Reiseführer Donrauradweg von Wien bis Budapest organisiert; besser gesagt bestellt. Morgen soll er in der Buchhandlung sein. Und dann werden wir sowas von organisiert bis Budapest sein.


Wir steuern den Zeltplatz an der Ilz an. Sehr schön. Direkt neben einem riesigen Spielplatz gelegen, den Peter begeistert bespielt. Gemeinsam pladdern wir dann noch durch die Ilz, die an dieser Stelle größtenteils sehr flach ist. Wassersandalen sind allerdings sehr empfehlenswert, da der Grund sehr steinig, glatt und bewachsen ist.

Beim Abendessen besuchen die Enten den Zeltplatz und schauen allen Campern in die Töpfe.

Gäuboden und weiteres

Montag, 23.7.2018
Ingolstadt – Herrnsaal (bei Kelheim), 59 km – gesamt 979 km
Wir bekommen ein wundervolles Früstück bei Albert und brechen mit ihm gemeinsam auf. Auf seinem Weg zur Arbeit begleitet er uns noch 5 km. Da wir weder Zelt noch Schlafsäcke zusammenräumen müssen, sind wir morgens sehr früh dran und haben um 10:15 schon die ersten 20 km hinter uns gebracht.

Als wir in einem verschlafenen Nest eine ältere Dame nach dem Weg zum Edeka fragen, fragt sie zurück:“Ja mei, fahrt’s ihr des alles mit’m Radl?“ Als wir bejahen, kommt es ungläubig:“Und des macht Spaß?“ Also wir finden es schon – andere vielleicht eher nicht. Viele jedoch, die unseren Tross auf dem Weg sehen, winken uns zu, recken den Daumen nach oben oder sprechen uns auch an. Die meisten würden – so glauben wir – gern mitfahren.
Der Tag heute verspricht schön und bierselig zu werden. Kloster Weltenburg und die Schneider-Brauerei in Kelheim stehen auf dem Programm.
Mittags trudeln wir in Kelheim ein. Zunächst Klosterkirche besichtigt und die heraushängenden Beinchen der Engel bestaunt. Dann Weltenburger Bier bestellt.

Peter möchte gern am Kieselstrand spielen. Das ganze geht so lange gut, bis ein Regenguss uns wieder in den Biergarten unter einen Sonnen- bzw. in diesem Fall Regenschirm treibt. Na gut, dann wird eben noch ein weiteres Bier bestellt und das Kind mit einer Brez’n ruhiggestellt. Der Regen hört schnell auf und kurz darauf legt schon das Schiff nach Kelheim ab. Wir sind froh, dass wir damit fahren können. Aufgrund der dauerhaften Trockenheit all die Wochen vorher war der Wasserstand so tief, dass die Schifffahrt das ganze Wochenende über lahmgelegt war. Aber „zum Glück“ war das Wochenende ja verregnet und so hatte sich der Wasserstand genügend erholt und die Schiffe fuhren wieder. Staunend fahren wir bei strahlendem Sonnenschein durch den Donaudurchbruch und denken über die gewaltige Macht des Wassers nach. Peter freut sich, dass er endlich mal vom Rad auf ein Schiff umsteigen kann.

In Kelheim führt uns der Weg vom Schiff direkt zum Biergarten der Schneider Brauerei, der uns noch gut von unserer Altmühltour 2001 in Erinnerung geblieben ist. Der Wind frischt auf, dunkle Regenwolken ziehen auf – und siehe da: Kaum betreten wir den Biergarten, klatschen auch schon dicke Regentropfen auf’s Pflaster. Macht aber zum zweiten Mal an diesem Tag nix, denn wir setzen uns einfach rein und schauen dem prasselnden Regen vom Trockenen aus zu.
Und weil’s so gesellig ist und das Bier so gut schmeckt, bestellen wir uns gleich noch ein Abendessen dazu.


Irgendwann ist das Wetter wieder schön, die Straße trocken und wir fahren die letzten 10 km nach Herrnsaal zum nächsten Campingplatz.
Straße ist zwar trocken, jedoch sind auf dem sandigen Weg auf dem Damm einige Pfützen, die uns und die Räder ordentlich einsauen. Aber beim Zeltaufbau ist der komplette Tascheninhalt trocken und von außen kann man ja die Taschen und uns abwischen.
Im übrigen nennt Peter unsere Art des Reisens „Zelthangeln“. Sehr passend!

 

Dienstag, 24.7.2018
Herrnsaal – Neutraubling, 44 km – gesamt 1023 km
Unglaublich, irgendwo vor Regensburg müssen wir die magische 1000km-Marke überfahren haben. Schade, wir haben es gar nicht gemerkt, keine Leute standen am Straßenrand und haben uns zugejubelt und kein Feuerwerk ging hoch.
Heute können wir es wieder ruhiger angehen lassen. Eine relativ kurze Tour liegt vor uns und wir wissen, dass wir am Ende unserer Etappe von unserer Bekannten Berit und ihrer Familie empfangen werden.


Also koppeln wir das erste Mal auf der Tour Peter ab und er darf selber fahren. Dies klappt für 15 km sehr gut. Dann kommen wir in Bad Abbach an. Dort winkt uns als erstes eine Bäckerei, direkt an einem Brunnen gelegen. Eine tolle Belohnung für die 15 selbst gestrampelten Kilometer. Erst Kuchen mit Limo und dann am Brunnen spielen. So geht der Vormittag vorbei.
Nach dem Ankoppeln von Peter geht es annähernd doppelt so schnell weiter. So kommen wir flott nach Regensburg. Meine Lenkung zickt irgendwie herum und als wir in Regensburg den ersten Fotostop am Eisernen Steg (ja, den gibt’s nicht nur in Frankfurt) machen, krieg ich den Lenker überhaupt nicht mehr bewegt.

Etwas unbequem beim Schieben durch die engen Gassen bis zum Dom. Dort erst mal die Räder abgestellt und den Dom St. Peter(!) angeschaut. Wir haben versucht alle „Peters“ im Dom zu finden, haben es aber vermutlich nicht ganz geschafft. Peter findet die Domschatzkammer und schaut sich die Schätze zusammen mit Martin an.

HInterher lassen wir uns von Google und Garmin nach Neutraubling lotsen. Mein Lenker lässt sich immer noch sehr schwer wuchten. Im fließenden Straßenverkehr auch etwas ungünstig. Trotzdem kommen wir wohlbehalten bei Berit an und werden herzlich empfangen. Die Wäsche wird gewaschen und dank Trocknungsgeräten (wegen Wasserschadens) im Keller, trocknet alles ruckzuck.
Wir dürfen uns das Essen wünschen und die Getränke im gut gefüllten Kühlschrank aussuchen. Toll! Der Spielplatz um die Ecke ist prima und der große Henry spielt stundenlang mit Peter Lego.

Martin bekommt auch wieder meinen Steuerkopf repariert: Von den Regengüssen der letzten Tage, war es im Lenkerrohr wohl leicht korrodiert. Nach Säubern und Schmieren mit Öl von Berit (danke auch dafür!), lenkt es sich jetzt wieder wunderbar und ich kann wieder die engsten Kurven fahren.

 

Mittwoch, 25.7.2018
Neutraubling – Friedenhainsee (bei Straubing), 45 km – gesamt 1068 km
Wir bekommen ein fürstliches Frühstück mit Butter und Nutella (ist beides bei der Hitze nicht transportierbar und gehört somit nicht zu unserem regulären Frühstück), verabschieden uns von der tollen Gastfreundschaft von Berit und ihrer Familie.
Die Walhalla lassen wir getrost links liegen. Ein Blick von unten reicht aus. Mit den Mädels waren wir ja schon mal oben.


Seit Wochen haben wir drauf gewartet. Endlich ist es soweit: Nach 14 Jahren fahren wir wieder durch den Gäuboden – die fruchtbare Region um Straubing herum. Heute nun also heißt es wieder: Links Mais, rechts Damm, in der Mitte Hitze – und wir. Irgendwie hat sich seit 2004 wenig verändert. Doch: die Wegeführung des Donauradweges nimmt nicht mehr die komplette Donauschleife zwischen Wörth und Straubing mit, sondern man kann auch ein wenig abkürzen und durchs Landesinnere fahren (schön parallel mal näher, mal entfernter der A3).
Nach 15 km allein fahren koppeln wir Peter kurz nach der Walhalla wieder an. Die Fahrt durch den Backofen wollen wir lieber flotter hinter uns bringen.
Der Tag bleibt heiß und nach Konsultation unseres Reiseführers sehen wir, dass es in Friedenhain einen See gibt, an dem man zelten kann. Dorthin fahren wir und kommen am frühen Nachmittag an. Schnell bauen wir das Zelt auf und springen dann in den See und kühlen uns ab. Hinterher in der Sonne liegen, Nils Holgersson lesen und dösen.


Plötzlich wird der Himmel tiefschwarz und ein Sturm bricht los. Das Zelt wird komplett durchgerüttelt und mit Starkregen auf Herz und Nieren geprüft. Im Großen Ganzen besteht es den Test. Nach dem Regen kommt Martin endlich mit dem Bier und dem Eis. Dafür war er kurz vor dem Regen losgegangen und musste dann in der See-Gaststätte den Sturm abwarten. Derweil saßen Peter und ich in froher Erwartung im Zelt.
Schon seltsam – von allen Freunden und Verwandten, mit denen wir per Whatsapp in Kontakt stehen, bekommen wir mit, dass in Deutschland eine große Dürre herrscht. Nur da, wo wir sind, ist es immer wieder ziemlich feucht…
Abends ein wunderschöner, sehr barocker Sonnnuntergang. Nachts Vollmond, der sehr malerisch von Wolken umspielt wird.

Donnerstag, 26.7.2018
Friedenhainsee – Niederalteich, 53 km – gesamt 1121 km
Mittagspause: Wolkenbruch
kurz nach Zeltaufbau: Wolkenbruch
Wo war noch mal die große Dürreperiode???
Morgens aber erst mal Baden im See. Herrlich!!!
Peter radelt wieder 10 km allein. Straubing lassen wir großzügig am anderen Donauufer rechts liegen. Mittagspause sehr idyllisch an einem Strand an der Donau. Wir planschen lustig im Wasser. Als wir wieder losfahren wollen – naja, siehe oben. Eingepackt in unsere Regenjacken sitzen wir unter einem Baum und singen alle lustigen Kinderlieder, die uns einfallen. Zum Glück endet der Regen vor dem Ende unseres Repertoires.


Kurz durch Deggendorf geschoben und auf dem Luitpoldplatz ein Bier und eine Limo getrunken. In der Buchhandlung nebenan kaufe ich einen Radwanderführer Passau-Wien. Ich möchte die Tour ja nicht völlig unvorbereitet machen. Überrascht stelle ich fest, dass die Tour von Passau nach Wien „nur“ 320 km sind. Das kriegen wir ja in wenigen Tagen hin.
Die nächste spannende Frage: Wo schlafen wir heute Nacht? Wir möchten unsere Reisekasse schonen und mal wieder außerhalb eines Campingplatzes nächtigen. In Niederalteich landen wir am Anleger der Fahrradfähre, wo wir schon vor 14 Jahren (am anderen Ufer) hängengeblieben sind.(siehe Bericht Tauernradweg…) Heute fährt die Fähre, aber wir möchten gar nicht übersetzen. Aber nebenan ist eine Wiesenfläche mit dem Vermerk „Kein Dauercampingplatz!“ Wir gehen also davon aus, dass das Übernachten für eine Nacht völlig ok und geduldet ist. Daher stellen wir unser Zelt auf. Als wir dem Wegweiser zur Toilette folgen, finden wir hinter dem Feuerwehrhaus eine sehr saubere Toilette, an der sich so einige Campingplätze ein Beispiel nehmen könnten. Vielen Dank an die Gemeinde Niederalteich! Wir lassen einen kleinen Obolus im aufgehängten Spendenkästchen.
Nach dem barocken Sonnenuntergang gestern gestaltet sich der heutige mehr im Caspar-David-Friedrich-Style. Vom Ausflugsdampfer winken uns die Gäste zu. Was haben wir es aber auch wieder mal idyllisch!

Der erste Regen

Freitag, 20.7.2018
Günzburg – Hofgut Bäldleschwaige (10 km vor Donauwörth), 59 km – gesamt 841 km

Morgenstimmung an der Donau:

Wir verabschieden uns von dem sehr idyllischen Kanu-Rastplatz und fahren weiter. Erster Halt am Dillinger Schloss zur Mittagspause:

Leider ist das Schloss vom Finanzamt belegt, sodass es nicht von innen zu besichtigen ist und schon gar nicht mit „Hörgerät“ (soll heißen Audioguide), wie Peter es gern gehabt hätte.
Das Fahren ist recht anstrengend, da es heiß ist und die Luftfeuchtigkeit steigt. Regen und Gewitter liegen in der Luft. Nachmittags lechzen wir nach einem Biergarten – und siehe da: Schon 5 km später kommt einer: Hofgut Bäldleschwaige. Wir trudeln ein und treffen als erstes das Radlertrio, das wir schon seit der Donauversickerung immer wieder getroffen haben. Wir unterhalten uns sehr nett mit ihnen. Fällt auch leicht, da die Dame des Trios aus dem Rheinland kommt und uns vom Zungenschlag her sehr vertraut ist. Die drei radeln weiter. Wir wissen nicht so recht, wo wir die Nacht verbringen wollen. Weiterradeln ist ja auch anstrengend bei der Hitze. Also lieber noch mal ein Bier geordert und beim Wirt nachgefragt. Siehe da: Wir dürfen auf der Fußballwiese des Biergartens für 7 Euro zelten. Das machen wir doch gern und ordern direkt noch ein Abendessen zum Bier dazu.
Der Hof ist auch mit Dusche ausgestattet, sodass wir die anderen Gäste nicht zu sehr mit unserem Gestank belästigen müssen. Außerdem wimmelt es von Kindern, Spielgeräten und Tieren (von Kaninchen, Meerschweinchen, Hühnern über Ziegen, Schafe bis hin zu Eseln und Schweinen) in den Ställen. Peter ist hochzufrieden.

 

Samstag, 21.7.2018
Hofgut Bäldleschwaige – Neuburg, 54 km – gesamt 895 km
Frühmorgens beginnt der Regen. Mist – das Zelt ist noch nicht abgebaut. Na gut, dann warten wir einfach ab, der Regen wird schon wieder aufhören. Dass dies erst um 16:30 erfolgen wird, können wir da ja noch nicht ahnen.


Langsames Aufstehen, gemütliches Frühstück und dann erst mal in aller Ruhe Tiere in den Ställen schauen. Der Regen bleibt – mal stärker, mal weniger.
Zähneknirschend bauen wir im Regen das Zelt ab und stopfen es klitschnass in den Packsack.
Erste Etappe bis Donauwörth. Dort lockt uns eine Pizzeria, bei der wir einkehren und Spaghetti und Pizza essen. Denn bei Regenwetter ist nichts besser als ein schönes, leckeres und warmes Mittagessen im Trockenen.
Kurze Besichtigung der Insel Ried und der Reichsstraße und weiter geht’s durch den Regen.
Die Etappe bis Neuburg gestaltet sich erstaunlich hügelig. Es geht nicht nur immer hübsch am Donauufer entlang. Das Ganze gipfelt in der Umleitung wegen Flutpolder-Bauarbeiten 10 km vor Neuburg. Wir werden übelst auf rumpeligen Waldwegen den Berg hoch- und wieder runtergejagt. Der Spaß hielt sich hier in engen Grenzen.
Auf den Straßen ist das ganze Auf und Ab nicht ganz so schlimm. Jedoch ist meine Bremse bei Dauerregen nicht mehr wirklich sicher funktionstüchtig und greift kaum. Dies bereitet bei 50 km/h bergab ein eher unangenehmes Gefühl. Auch dass der Mann mit angehängtem Sohn 50 m weiter vorne im gleichen Tempo die Landstraße herunterballert, beruhigt das Mutterherz nicht wirklich. Also – Gedanken abschalten und auf die nächste Steigung warten. Zum Glück ist alles gut gegangen!

Neugierig das nasse Zelt auf dem Zeltplatz der Kanuten in Neuburg ausgepackt. Wie wird es den Tag überstanden haben? Toll! Das Innenzelt ist trocken. Home sweet home!

Unsere Allzweckwaffe gegen nasse Schuhe:

Einfach nur Sandalen anziehen. Da läuft das Wasser vorne rein und hinten wieder raus (oder wahlweise umgekehrt).

Das Innenzelt war trocken. Der Inhalt unserer Satteltaschen auch. Aber der Zustand der Fahrräder???

Sonntag, 22.7.2018
Neuburg – Ingolstadt, 25 km – gesamt 920 km
Ein richtiger Urlaubstag!
Mein Cousin Albert wohnt in Ingolstadt. Wir haben uns mit ihm verabredet.
Vorher aber noch Neuburg angeschaut.

Ein wirklich wunderbares Städtchen, das sich seinen barocken Renaissance-Charme gut erhalten konnte. Mit Peter schaue ich mir das Schloss an. Die Muschelgrotte ist toll! Fotos gibt es keine, da wir das komplette Gepäck bei Martin gelassen haben. Typisch Catrin!

Händchen halten mit dem Fürsten:

Mittags Abreise nach Ingolstadt. Dass es so nah ist, überrascht uns und so halten wir schon nach 25 km wieder an und treffen Albert in eine Cafe in der Ingolstädter Innenstadt.

Wir bringen unsere Räder und Gepäck in seine Wohnung und bekommen dann eine tolle Stadtführung. Abends Essen und Trinken beim Griechen. Ein Riesendank an Albert, der uns so toll aufgenommen und bewirtet hat und so ein großzügiger Gastgeber war.

Bayern!

Donnerstag, 19.7.2018
Ulm – Günzburg, 38 km – gesamt 782 km
Nachdem wir die letzte Nacht schon in Bayern (Neu-Ulm) zugebracht haben, haben wir nun heute endgültig Baden-Württemberg verlassen und uns auf bayerischen Boden begeben.
Zunächst haben wir uns aber noch Ulm angeschaut. Die beiden Männer sind auf’s Münster bis in die Spitze geklettert.

Gemeinsam sind wir dann noch in das Brotmuseum gegangen. Wenn wir schon dabei sind, die Getreidesorten zu lernen, ist dies noch die passende Abrundung dieser „Lerneinheit“.
Gegen Mittag auf’s Rad geschwungen und – wie schon oben erwähnt – nach Bayern gerollt. Nach der langen Tour gestern aber nur einen kurzen Hüpfer gemacht. Schon in Günzburg machen wir uns auf die Suche nach einer Möglichkeit zum Zelten. Das Naturfreundehaus, das mir gruppenunterkuenfte.de vorgeschlagen hatte, ist schon seit 2016 geschlossen. Heute befindet sich dort ein Musikerheim. Auch sehr reizvoll, aber leider nicht zum Übernachten geeignet.
Also zur Touristeninformation. Die freundliche Dame verwies uns auf den örtlichen Kanuverein, der sein Gelände direkt an der Günz-Mündung in die Donau hat. Wir radeln dort hin – und treffen niemanden an. Zelte stehen dort auch nicht. Wir bauen unser Zelt an einer wunderschönen Stelle auf und finden zwischenzeitlich auch ein Vereinsmitglied, das uns freundlich begrüßt. Wir sind und bleiben die einzigen Gäste heute Abend. Wir genießen es. Das Zelt steht direkt am Donauufer an der Anlegestelle, von der aus wir in die Donau baden gehen können. Martin schwimmt sogar bis zur Günz-Mündung vor. Mangels Schwimmkünsten ziehen Peter und ich den Fußweg durch’s Wäldchen vor und platschen auch dort am Ufer über Steine und durch’s Wasser.

Abends gehen die Vereinsmitglieder, die sich hier auf ein Bier getroffen haben, und wir haben das ganze Gelände für uns allein. Traumhaft!

Bis Ulm

Dienstag, 17.7.2018
Beuron Hausen – Riedlingen, 59 km – gesamt 675 km
Weiterfahrt durch den Donaudurchbruch. Toll, wie die Felsen aus dem Wasser zu wachsen scheinen.


Rundherum lauter nette Dörfchen. Alles im barocken Stil: barocke Innenstädtchen, barocke Schlösschen, barocke Klosteranlagen. Ein jedes gehört eigentlich angeschaut. Wir schauen und schauen vom Radweg aus. Zwischendurch unglaublich viel Natur.
In Inzigkofen weist uns ein entgegenkommender Radler auf die Teufelsbrücke hin. Man muss dafür eine steile Stiege heruntersteigen, um auf die Brücke zu kommen, die eine romantische Schlucht auf 20 m Höhe überquert. Danach wieder steil hoch und wir sind wieder bei den Fahrrädern.


Wir kommen durch Sigmaringen. Um ein touristisches Highlight mitzunehmen, schieben wir die Räder zur architektonisch reizvollen Burg hoch. Dort besuchen wir die überaus gut bestückte Waffensammlung. Prima, es gibt einen Audioguide,der genau das vorliest, was auf den Erklärtafeln steht. Peter ist beschäftigt und ist von den ganzen Waffen beeindruckt. Hinterher Eis und Kuchen in der Fürstlichen Hofkonditorei der Hohenzollern.


Noch ein „Highlight“ lag auf dem Weg. Wir kamen am Firmenverkauf der Nudelfirma „Gaggli“ vorbei. In dem Laden kauften wir ein Glas Nudel-Fertigsoße und eine Packung Nudeln. Peters Kommentar im Laden: „Hier gibt es ja gar keine Kekse!“


Abends landen wir an einem kleinen Zeltplatz in Riedlingen, betrieben offensichtlich von einem Bauern, der seine Wiese für Zelter freigegeben hat. Alles auf einfachstem Niveau. Aber alles da, was das Herz begehrt: Toilette, Dusche, Getränkeautomat (wohl aus den 70er Jahren vergessen) und Steckdosen.

Suchbild: Wer findet das Handy, das grad aufgeladen wird?

Außerdem: Ein Trampeltrecker!

Um die Ecke eine wunderbare alte Schrankenanlage, die bimmelnd und blinkend ansagt, wann der nächste Zug auf der eingleisigen Strecke durchtuckert.
Hier stellen wir fest, dass die Donau tatsächlich ein europäischer Fluss ist. Die kleine Schlange, die sich vor der einzigen Dusche gebildet hat, besteht aus Franzosen, Polen und uns. Durch mehr oder weniger gebrochenes Englisch haben wir uns von unseren Touren und Plänen erzählt. Die Franzosen sind in Montpellier gestartet und wollen noch bis Budapest fahren. Die Polen sind mit dem Auto nach Donaueschingen gekommen und werden bis Ingolstadt fahren. Jeder, der mich kennt, weiß um meine Englischkenntnisse. Das Schöne war, dass die anderen genauso schlecht Englisch sprechen konnten. Spaß hatten wir trotzdem.

Was haben wir an diesem Tag gelernt?
– Wir können Bussarde von schwarzen Milanen unterscheiden.
– Wir haben gesehen, wie Greifvögel (waren es Falken? Dafür reicht unsere Greifvogelkenntnis leider noch nicht aus) eine Gruppe von Krähen angreifen.
– Wir können sicher Weizen, Gerste, Roggen und Hafer voneinander unterscheiden. Zumindest die Erwachsenen unter uns. Die unter 6jährigen unserer Reisegruppe brauchen wohl noch ca. 100 km Getreidefelder für die sichere Bestimmung der Getreidearten.

Mittwoch, 18.7.2018
Riedlingen – Ulm, 69 km – gesamt 744 km
Die nette Nachbarsfamilie auf dem Zeltplatz erzählt, dass sie an diesem Tag bis Ulm fahren wollen (über den Blautopf – puh). Da Peter sich mit dem jüngeren Sohn etwas angefreundet hat, denken wir, dass wir das ja wohl auch schaffen könnten (ohne Blautopf!). Die Strecke lässt sich auch hübsch präpariert an. Die ersten 20 km zwar etwas hügelig, aber dann wird es flacher und immer leicht bergab. So richtig viele Sehenswürdigkeiten außer der Landschaft gibt es auch heute nicht. Daher fliegt es sich ganz gut durch die Gegend. Viele Tiere gibt es zu sehen. Fast wie Zoo. Leider fehlen an vielen Tieren die entsprechenden Hinweisschildchen mit Namen usw. Aber das Reh haben wir unzweifelhaft bestimmen können.
Plötzlich deutet Peter in Rechtenstein nach links und sagt: „Da will ich hoch.“ Da hat er doch tatsächlich eine Treppe erspäht, die zu einer kleinen Höhle („Geisterhöhle“) hochführt, die man selbst erkunden kann. Schnell Taschenlampen aus den Satteltaschen herausgekramt und eine kleine Spritztour durch die Höhle gemacht.


Mangels weiterer Sehenswürdigkeiten radelt es sich flott an der Donau entlang und am Nachmittag trudeln wir am Zeltplatz der Ulmer Paddler ein. Schön – eine kleine Zeltwiese mitten in Ulm, einen knappen Kilometer vom Münster entfernt. Wir schlagen unser Zelt auf, plaudern noch mit dem Franzosen aus der Bretagne, der mit Frau und Kind (21 Monate) auf dem Weg nach Sydney (!) ist und gehen dann im Fischerviertel essen. Wunderschön am Ufer der Blau.
Die Familie, wegen der wir direkt bis Ulm gefahren sind, treffen wir auf dem Heimweg auf einer Zeltwiese eines anderen Kanuvereins.

Link auf den Blog der Familie, die nach Sydney unterwegs ist: http://auraysydneyavelo.ouvaton.org
(Da soll noch mal jemand sagen, dass wir eine Abenteuerfahrt machen.)

So, jetzt aber Donau

Sonntag, 15.7.2018
Villingen – Geisingen, 36 km – gesamt 558 km
Am frühen Morgen fängt es an zu regnen und in der Ferne donnert es. Wir beschließen in aller Ruhe auszuschlafen. Um halb acht wird uns langsam langweilig. Aber um halb neun hört der Regen zum Glück auf und wir können mit unseren Morgenritualen beginnen: Schlafsäcke und Isomatten zusammenrollen und Frühstück machen. Zum Glück kommt jetzt auch die Sonne raus und trocknet Zelt und die gestern gewaschenen Klamotten im Nu.
Um 11 Uhr fahren wir los. Machen einen Schwenk durch die Villinger Innenstadt. Hübsches wild-barockes Münster mit zwei unterschiedlichen Türmen. Schön, den alten Stadtaufbau zu sehen. Vom Hauptplatz gehen vier Straßen in alle Himmelsrichtungen weg. Jede von einem Tor begrenzt (na gut, das vierte musste vor hundert Jahren dem örtlichen Gericht und Gefängnis weichen. Überall Brünnchen und Bächlis. Also eigentlich genauso wie in Rottweil und auch in Freiburg.
Wir verlassen Villingen und suchen den Weg an der Brigach entlang zur Donauquelle in Donaueschingen. Hübsches, nur ganz sanftes Hoch und Runter. Dumm nur, dass an einer Stelle, ein Zufluss zur Brigach naturnah umgebaut wird und somit auch der Weg. Wir ignorieren die Umleitungsschilder und rumpeln über die Baustelle, bis wir an der noch abgesperrten neugebauten Brücke stehen. Was nun? Zurückfahren und doch die Umleitung nehmen oder … ? Jawoll, so machen wir’s: Wir schnallen das Gepäck ab und tragen alles durch den Bach.


Flott nach Donaueschingen reingerollt und die Donauquelle gesucht. Schon cool, das Teil. Ein grüner Tempel, altertümlich eingefasst, mit fetter Statue drauf. Wenn man genau in das Wasser schaut, sieht man Algen malerisch darin schwingen und zwischendurch steigen silberne Wasserblasen auf. Sehr verwunschen.
Das Wetter zeigt sich jetzt deutscher als in den letzten Tagen. Immer wieder nieselt es, am Horizont sieht man mehrere Gewitterherde, die zum Glück an uns vorbeiziehen. Wir beschließen weiterzufahren, da ein Abwarten, des Nieselregens sinnlos wäre, dann würen wir den ganzen Tag in Donaueschingen bleiben müssen.
Der „Donauzusammenfluss“ von Brigach und Breg zeigt sich ziemlich unspektakulär. Eine monströses Standbild, das Inge und Egon (oder so) anlässlich ihrer goldenen Hochzeit 1939 der Stadt Donaueschingen geschenkt hatten. Wahrscheinlich war die Stadt froh, nach dem seligen Dahinscheiden des Jubelpaares das Standbild an diesen unspektakulären und offensichtlich wenig besuchten Ort stellen zu können.
Weiter geht es von nun an also an der Donau. Toll, der Weg ist fast noch besser ausgeschildert als der Neckarradweg. Ich denke, die nächsten Wochen fahren wir durch’s Radler-Eldorado. Infrastrukturell voll ausgestattet.
Zunächst die Überschwemmungswiesen nach Donaueschingen. Sehr schön, offensichtlich Vogelschutzgebiet. Wieder geht es sanft auf und ab. Aber da wir nun flussabwärts unterwegs sind, überwiegen die abfallenden Wege. Toll!
Stopp in Geisingen. Ein Biergarten wirbt schon einen Kilometer vor Geisingen. Wir lassen uns von den Schildern leiten und landen an einem Kiosk mit Biertischen und Schirmen. Auf dem Gelände auch eine große Jurte, in der und vor der Bildschirme stehen. Alles rüstet sich für das anstehende Endspiel der Fußball WM: Frankreich gegen Kroatien.
Ich fühle mich heute irgendwie schlapp und etwas unmotiviert. Wir bleiben dort, freuen uns über die Bierquelle und Martin organisiert angesichts der angesagten Unwetter flott eine Unterkunft für die kommende Nacht.

Wissenschaftliche Lehrstunde auf dem Fahrrad: Martin erläutert Peter die Radartechik.

Montag, 16.7.2018
Geisingen – Beuron Hausen, 58 km – gesamt 616 km
Puh, so eine Nacht in einer festen Behausung ist ziemlich warm. Vor dem Frühstück haben wir die Räder gesattelt und haben uns an ein kühles halbschattiges Plätzchen am Donauufer begeben. Dort unser übliches Frühstück abgehalten und endlich nicht mehr geschwitzt.
Danach nach Immendingen zur Donauversickerung. Wie ich im Laufe des Tages lernte, ist dies nur eine von insgesamt drei Versickerungsstellen der Donau. Ein naturwissenschaftliches Phänomen, das ich mit meinem begrenzten Geist nur nebelhaft verstehen kann. Nur soviel: Unter der Donau oder in dem Gestein der jungen Donau sind viele Hohlräume und ein ganzes Tunnel- bzw. Höhlensystem. Dort versickert das Wasser der jungen Donau. Und tritt dann wieder … jawoll in einem Zufluss des Rheins zutage. Aha!?! Allein, wie man es herausgefunden hat vor ca. 100 Jahren (oder so), ist spannend: Man hat Farbe, stinkendes Zeug und Salz in die Donau an der Versickerungsstelle gekippt und geschaut, wo es wieder raus kommt. Soso, jetzt ist also die Donau grad entstanden und sickert weg, um dann doch in die Nordsee zu fließen. Später kommen dann wieder einige Zuflüsse und füllen das Donautal wieder, sodass unsere Radtour an der Donau doch weitergehen kann. Gott sei Dank!

Wasser noch da:

Wasser weg – sitzen in der Donau:


In Tuttlingen endlich konnten wir in der Post den von unseren Töchtern und Housesitten postlagernd geschickten Brief mit dem zu Hause vergessenen Donauradführer abholen. Ich weiß nicht, wer mehr überrascht war: unsere Töchter, dass so etwas geht; oder der Postbeamte, der mich mit große Augen anschaute, als ich nach der postlagernden Sendung fragte, und diese dann tatsächlich im Schrank fand. Ansonsten hatte Tuttlingen nicht so viel zu bieten, da der Stadtkern saniert wird und alles in einer Baustelle versank. Nur soviel: 1806 fiel die komplette Innenstadt Tuttlingens einem Brand zum Opfer. Die Tuttlinger nahmen dies zum Anlass, die Stadt quadratisch, praktisch, gut wieder aufzubauen. Und ähnlich wie Mannheim ist diese Stadt nun einem Schachbrett gleich, nur kleiner.
Wir ließen uns vom Rückenwind leicht bergab weitertreiben. Lauter kleine Städtchen mit herzigen Kirchlein und netten Lädchen. Wenn wir gewollt hätten, hätten wir alle drei Kilometer einen netten Biergarten nach dem anderen hübschen Cafe besuchen können. Wir wollten aber nicht, man muss ja auch mal voran kommen.
Wir rollten an mehreren schönen Landschaftsmotiven vorbei und durch den ersten Donaudurchbruch nach Beuron rein. Ein Klosterdorf. Das Kloster wird von Benediktinern geführt. Hübsche, ziemlich barocke Kirche und ein Klosterladen, in dem wir noch Fische für unsere Satteltaschen erstanden.
Bei einer Steigung flog Martin das zweite Mal die Kette ab und verkantete sich. Eine etwas kniffelige Sache, auf einem steilen Weg das Fahrrad ohne Ständer leerzuräumen und Peters Rad abzuhängen, um endlich die blöde Kette wieder an Ort und Stelle zu bringen. Meines Erachtens eine Fehlkonstruktion des Herstellers, dass sich die Kette so verkanten kann.
Schließlich am Campingplatz in Beuron Hausen gelandet. Sehr romantisch an der Donau gelegen mit einem kleinen Bach, der direkt auf dem Gelände in die Donau mündet. Die anderen Menschen auf dem Platz fahren mit dem Schlauchboot auf der Donau oder angeln.

Philosophieren auf dem Weg: Wenn Jesus nicht gestorben ist, wo lebt er denn dann heute?

Tübingen bis Neckarquelle

Leider haben wir seit Tagen nur eine schlappe Internetverbindung, sodass wir leider nur wenig Fotos posten können. Sorry!

Donnerstag, 12.7.2018

Tübingen – Horb, 38 km – gesamt 436 km
Heute haben wir mal so richtig ausgeschlafen und sind daher erst um 10:15 losgefahren.
Erster Stopp nach 10 km in Rottenburg. Toll, wenn der Mann sich gern an seine Radtour vor ca. 10 Jahren am Neckar an das beschauliche Rottenburg erinnert, dann verwundert auf dem Marktplatz steht, sich die Augen reibt und meint: „Oh, ich erinnere mich wohl eher an Rottweil.“ Trotzdem auch ein nettes Örtchen und das Cafe am Neckar reichte für einen anständigen Cafe Latte, einen Tee und ein Schokoladeneis. Ich verrat hier jetzt nicht, wer was geordert hatte.
In Rottenburg erlebten wir das große Kirchengeläut um 12 Uhr. Man merkt, dass der Ort katholisch geprägt ist. Alle Kirchen beteiligten sich am großen Angelusgeläut zu Mittag. Sehr beeindruckend.
Danach das immer enger werdende Neckartal hinauf. Langsam wird’s hügeliger. Aber zum Glück sind wir ja schon gut im Training, sodass uns die Steigungen noch nicht allzu viel ausmachen. Martin und Peter sind inzwischen auch so ein gutes Gespann, dass sie fast schneller die Steigungen hochkommen als ich.
In Horb liegt der Campingplatz gaaaanz oben. Nachdem wir im Ort im Tal ein unglaubliches KFZ Verkehrschaos hinter uns gelassen haben (soll noch mal jemand über Eschborn jammern, dies hier war um Klassen heftiger), waren wir stolz, als wir ohne Absteigen die Steigung bis zum Campingplatz geschafft haben. Angekommen reizte das Lädchen des Campingplatzes mit gut gekühltem Bier und Eistee. Eine prima Zelt-Aufbauhilfe.
Anschließend nochin den Swimmingpool des Platzes gehüpft. Prima!
Martin ist dreimal mit der Tube Rei losgezogen und hat gewaschen. Wenn sich aber auch ein so schöner Trockenbaum direkt hinterm Zelt befindet…

Abendessen mit Rotwein bei untergehender Sonne tat gut.

Beobachtungen während der Fahrt:
Toll, wie Martin und Peter über Fauna und Flora am Wegesrand philosophieren. Zwischendurch noch Exkurse zu Ninjagos von Peter. Manchmal bin ich ganz schön froh, wenn ich mich unauffällig ein wenig zurückfallen lassen kann. Ich hab aber genau hingeschaut: Martins Ohren sind noch nicht blutig. Da geht noch was.

 

Freitag, 13.7.2018
Horb – irgendwo vor Rottweil, 44 km – gesamt 480 km
Ab hier wird’s dann doch etwas hügeliger. Immer wieder mal kommt eine Steigung, die bewältigt werden will. Wir merken aber schon den Trainingseffekt. Während uns in Kelsterbach noch die Autobahnbrücke den Atem nahm, schalten wir jetzt einfach auf das kleinste Kettenblatt und strampeln stoisch die Steigungen hoch. Wie immer fange ich direkt an, wie eine alte Dampflok zu schnaufen. Wenn mein Arzt dies beim Belastungs-EKG hört, schaltet er es immer sofort panisch ab. Jedoch ist es meine Art, mich die Steigungen hochzukeuchen. Und bis jetzt habe ich es immer ohne Herzkasper geschafft.
In meinem Reiseführer stand, dass in Oberndorf die Mauser-Werke sind, die Langwaffen herstellen und die Lieferant fast aller Parteien in den beiden Weltkriegen war. Dazu gibt es ein Museum in Oberndorf. Als wir jedoch in den Ort reinrollen, fällt uns am Laternenpfahl die Werbung für das örtliche Freibad auf. Prima – die nächste Nacht steht kein Campingplatz zur Verfügung – und also auch keine Dusche. Die Entscheidung fällt leicht – wir fahren an dem Museum vorbei bis zum Schwimmbad. Ein kleines, aber feines Bad. Mit 50 m Becken, flachem Bereich, in dem verschiedene Schwimmmatten und Reifen herumschwimmen, Kleinkindbereich und 45m Rutsche. Auf die ist Peter nach dem letzten Schwimmbad natürlich besonders erpicht. Als er aber nach der ersten Rutschbahn mit dem Kopf untertaucht, ist mit diesem Vergnügen schnell Schluss und er geht lieber auf den Spielplatz. Dort befreundet er sich mit einem Jungen, mit dem er den Rest des Nachmittages auf dem Trockenen oder im flachen Wasser spielt. Dies hat er übrigens am Vorabend festgestellt: So lange wir auf der langen Tour sind, kann er sich auf Zeit mit anderen Kindern anfreunden. Und je eher er sich traut, sie anzusprechen, umso länger kann er mit ihnen spielen und Spaß haben.
Abends auf der Suche nach einem Schlafplatz eine Brücke gefunden. Direkt darunter das Zelt aufgebaut. Wer kann schon von sich behaupten, die Nacht unter einer Brücke geschlafen zu haben? Der Neckar fließt an unserem Schlafplatz vorbei und Peter und ich machen noch eine „Abenteuerwanderung“ durch den Neckar, der hier in etwa die Größe der Nidda hat.
Nach dem Abendessen auf der Wiese noch eine Portion „Nils Holgersson“ und schon ist Peter auf der Picknickdecke eingeschlafen und wird von uns ins Zelt getragen.

 

Samstag, 14.7.2018
irgendwo vor Rottweil – Villingen, 42 km – gesamt 522 km
Heute haben wir die 500 km Marke geknackt. Cool, 10 Tage unterwegs und schon so weit gekommen. Wir sind stolz auf uns. Nach dem Aufwachen, packen wir alles zusammen und fahren an einen sonnigen Platz zum Frühstücken. Viele Radler und Jogger kommen vorbei und grüßen freundlich.
Erste Tagesetappe: Rottweil. Dort erst mal ein großes Eis gegönnt. Immerhin haben wir dort schon 8 km und einige Steigungen hinter uns gebracht.
Nach Rottweil geht’s wieder etwas flacher bergauf. Sanft wiegt sich die Landschaft Richtung Neckarquelle hoch. Der Neckar wird naturgemäß immer kleiner, hat nur noch Westerbach-Format und fließt schließlich als Rinnsal durch Schwenningen.
Dort finden wir das Highlight unseres Tages: Die Neckarquelle. Im Gegensatz zu 2001, als Martin schon einmal allein hier war, präsentiert sich die Quelle sehr aufgehübscht in einem Park. Nebenan riesiger Wasserspielplatz und Biergarten. Ein Traum für verschwitzte Eltern mit energiegeladenem Kind. Während wir auf unseren ersten Etappensieg ein Bier trinken, tobt Peter auf dem Spielplatz herum.
Schließlich fahren wir noch bis Villingen hoch, wo wir einen hübschen Schlafplatz finden. Die Innenstadt nur kurz durchstreift. Die muss aber morgen noch mal ausgiebiger angeschaut werden. Das wird sich lohnen.