Endspurt die Nordküste entlang Richtung Palermo

Donnerstag, 01.11.2018
Catania/Messina – Spadafora, 45 km, insgesamt 4695 km
Bei Nieselregen machen wir uns auf den Weg zum Bahnhof. Die Fahrradabteile der italienischen Regionalbahnen sind immer ganz vorne oder ganz hinten. Entsprechend achten wir bei Zugeinfahrt in den Bahnhof darauf, ob vorne das Fahrradabteil ist. Ist es diesmal nicht. Also schieben wir flott die Räder nach hinten. Hmmh, dort gibt es nur ein abgeschlossenes Fahrrabteil. Da kommen wir nicht rein. Ratlos winken wir dem Zugbegleiter zu. Der winkt genervt zurück und bedeutet uns, die Räder irgendwo in den Zug zu wuchten. Das tun wir auch und versperren nun mit unserem Tross einen der Eingänge. Macht nix. Wir sind drin, sitzen trocken und werden nach Messina geschaukelt. Zwischendurch quetschen sich immer wieder mal Menschen durch unseren zugestellten Eingang. Na gut, wer’s sportlich mag. Der Zugbegleiter stellt uns auch dieses Mal pflichtbewusst kostenlose Fahrradkarten aus. Dieses Mal nur zwei: Das Fahrrad des Bambinos gilt noch nicht so richtig.
In Messina dräuen dunkle Wolken, doch es warten noch 35 km Weg auf uns, die wir nach einem kurzen Besuch einer Kaffeebar mutig angehen. Es gibt sogar einen richtigen Radweg neben der Fahrbahn. Auf diesem stehen allerdings riesige Pfützen. Für Regen sind die hiesigen Straßen nicht konzipiert. Außerdem endet der Weg sowieso wie die meisten gutgemeinten Radwege in Italien irgendwo im Nirgendwo.

Zum Glück ist es immer noch warm (ca. 22 Grad), der Regen entsprechend auch. Lt. Straßenschild sind es noch 253 km bis Palermo. Schade eigentlich, so kommen wir gar nicht mehr auf 5000 Radkilometer.


Einmal stellen wir uns unterwegs in einen Carport, ansonsten kommen wir halbwegs glimpflich und trocken in Spadafora in unserem Appartement „Casa Vacanze Spadafora“ an. Das ist eine komplette Wohnung, wir haben genügend Platz, unsere Klamotten zum Trocknen auszubreiten.
Heute ist Allerheiligen – in Italien ein hoher Feier- bzw. Gedenktag – und ab dem Mittag sind alle Straßen und Läden wie ausgestorben. Also können wir nichts kaufen. Das Bier am Abend fällt aus. Zum Glück findet sich noch ein Weinrest in den Satteltaschen.

Freitag, 02.11.2018
Spadafora – San Giorgio/ Gioiosa Marea, 64 km, insgesamt 4759 km
Wir stehen früh auf und kommen früh los. Zum Glück, da gerade der Markt auf der Uferstraße in Spadafora aufgebaut wird. Etwas später und wir hätten es wohl schwerer gehabt, uns dort durchzuwühlen.
Das Wetter soll auch heute noch durchwachsen sein. Entsprechend präsentiert sich heute der Himmel mit dramatischer Bewölkung. Etwas Regenbogen ist dabei und mit ganz viel Fantasie bekommen wir auch mal einen Sonnenstrahl ab.


Nach dem Umrunden einer Raffinerie durchqueren wir den hübschen Ort Milazzo. Danach wieder einmal kilometerweise ausgestorbene Strände. Bei der Kaffeepause kommt ein mächtiger Guss runter. Glück gehabt. Als es wieder trockener wird, fahren wir weiter. Es geht heute auf 200 m hoch. Die fahren wir mittlerweile erstaunlich locker. Oben angekommen kommen wir durch Tindari mit einem Kloster, in dem eine schwarze Madonna steht. Diese lassen wir links liegen, belohnen uns nach der Steigung aber in einer Bar mit fantastischen Panini, die mit Wurst, Schinken, Käse und Gemüse aus dem örtlichen Anbau belegt sind. Lecker! Während des Essens geht wieder ein kleiner Schauer nieder. Schön, dass wir wieder unter einem Dach sitzen.
Bei der Abfahrt fängt es richtig an zu regnen. Im Straßentunnel statten Peter und ich (Catrin) uns mit Regenhosen aus. Ein paar Brücken später müssen wir einen längeren Regenschauer abwarten. Peter findet es prima, da sich unter der Brücke eine riesige Pfütze befindet, in der es sich toll spielen lässt.

Einige hundert Meter nach dieser „Regenpause“ müssen wir frustriert feststellen, dass wir versehentlich in eine Sackgasse geraten sind. Wir müssen 1 km wieder bergauf auf die Hauptstraße fahren, um dann später den richtigen Abzweig zu nehmen.
Am frühen Nachmittag kommen wir im „Chris Appartement“ in San Giorgio an. Großer Wohnraum mit Küchenzeile, zwei Zimmer, viel zu schade, um nur eine Nacht zu verbringen. Das Beleuchtungskonzept ist beeindruckend, der Vermieter muss Elektriker sein.


Der um die Ecke liegende Conad-Supermarkt ist überraschend gut mit Bier ausgestattet. Spontan machen wir nach dem Abendessen eine Bierprobe bei toller Beleuchtung, abseits der üblichen Marken Moretti, Peroni und Nastro Azzurro. War erfolglos, schmeckten langweilig. In Italien trinkt man besser Wein.

 

Samstag, 3.11.2018
San Giorgio – Santo Stefano di Camastra, 70 km, insgesamt 4829 km
Wieder früh los, um das Licht der kurzen Tage auszunutzen. Der Sonnenaufgang ist auf Sizilien ca. 45 Minuten früher, der Sonnenuntergang ist nur wenig später als in Frankfurt. Der bange Blick zum Himmel – es hat viele Wolken, aber es ist trocken.

Wir fahren die SS113 entlang, die entlang der Nordküste Siziliens von Messina nach Palermo führt. Der Verkehr ist angenehm dünn. Auf dem ersten Stück fahren wir spektakulär am Steilufer entlang und müssen auch einen kurzen Tunnel passieren, vorher sogar mit einem Warnschild „Vorsicht Fußgänger und Radfahrer“.

 

Ungefähr 15 km später ereilt uns ein Regenguss. Praktischerweise erreichen wir grade bei Brolo ein Einkaufszentrum, da können wir uns und die Räder unterstellen und bei Cappuccino und Cornetto abwarten. Später kommt tatsächlich ab und zu die Sonne heraus und wärmt wunderbar.

Hin und wieder versuchen wir, Alternativrouten zur SS113 zu fahren. Hier nun ein Beispiel für Martins Aussage: „Laut meiner OSM-Karte ist die Strecke durchgehend asphaltiert.“

Ein paar Kilometer später stoppt ein Auto, der Fahrer erzählt irgendwas von „Presse“, fragt uns kurz nach woher und wohin und fotografiert uns. Da die Verständigung auf italienisch immer noch sehr holprig ist, fragen wir uns, ob wir jetzt in irgendeinem Lokalblatt unter „gemische Nachrichten“ erscheinen.
In Marina di Caronia finden wir ein nettes Restaurant direkt am Meer, um zu pausieren. Der Wirt spricht englisch und serviert uns drei Teller gemischte Pizzastücke, die auf der Speisekarte nicht zu finden sind.

Unser Ziel ist Santo Stefano, ein kleines Städtchen aus dem 17. Jh. mit geometrischem Grundriss. Spezialität des Örtchens scheint bunte Keramik zu sein, wir sehen viel Keramik in den Läden und als Schmuck an den Wänden. Hausnummern, bunte Fliesen, Vasen, öffentliche Aschenbecher, alles aus bunter Keramik. Hübsche Gassen, kein Müll (!).


Unser Appartement „House Paradise“ ist diesmal ein ganzes Haus: Drei Stockwerke hoch, aber superschmal. Ein Schlafraum mit winzigem Bad im ersten Stock, ein weiterer Schlafraum im zweiten und die Küche mit noch einem Bad im dritten Stock. Das Erdgeschoss fehlt irgendwie. Und in der Küche sind die Spülbecken aus hiesiger bunter Keramik!


Als wir am späten Nachmittag unser Abendessen einkaufen, werden wir vor dem Weinladen angesprochen, ob wir nicht die mit den Fahrrädern sind. Wir erstehen 1 Liter Nero d’Avola vom Fass für 1,90€, der locker mit vielfach teureren Weinen mithalten kann.
Catrin und Peter besuchen die Vorabendmesse. Keine Orgel, aber ein paar Gemeindemitglieder sorgen für ordentlichen Gesang.

Sonntag, 4.11.2018
Santo Stefano – Cefalú, 43 km, insgesamt 4872 km

Hektisch bimmelt früh morgens von 7:30 bis 8 Uhr im Viertelstundenabstand das Glöckchen der Klosterkirche, die unserem Appartement gegenüberliegt. Gerade am Sonntag soll wohl das geneigte Kirchenvolk daran erinnert werden, den Gottesdienstbesuch nicht zu vergessen. Gut, dass wir schon wach sind, sonst wären wir sehr unsanft aus dem Schlaf gerissen worden.

Das mitgebuchte Frühstück gibt es in der Bar Paradise – „richtig“ gefrühstückt haben wir vorher, Cafe und Cornetto ist uns doch zu wenig. Über die heute angenehm verkehrsarme SS113 fahren wir weiter nach Westen.

Es ist trocken und der Himmel zeigt blaue Flecken, hurra! Bei einer Pause in Finale treffen wir auf einen Trupp Rennradler, die sich nach unseren Zielen erkunden, und Peter bekommt von einer völlig unbekannten Dame Schokolade geschenkt. Un Bambino biondo!
Cefalu schmiegt sich an einen ins Meer ragenden Berg an und ist ziemlich touristisch. Der Dom sieht interessant aus. Wir erleben das Ende einer Messe, die anscheinend der örtliche Bischof zelebriert hat. Orgelspiel und Chorgesang klingen gut.

Am Bahnhof versuchen wir, unsere Rückfahrt zu organisieren. Aber auch hier gibt es keinen besetzten Schalter und die Bar verkauft nur lokale Fahrkahrten. Wir werden an die „Agencia“ verwiesen, ein Reisebüro in der Stadt. Das hat heute zwar zu, aber immerhin weisen Aufkleber auf eine Trenitalia-Agentur hin. Das versuchen wir morgen noch mal.
Wir fahren weiter bis zum Camping Sanfilippo, der geöffnet hat. Außerdem macht der Wetterbericht Hoffnung auf eine trockene Nacht. Der Platz hat einen Zugang zum Meer – Sonne, Felsen, Peter spielt am Strand. Für Anfang November echt fein.

 

Montag, 5.11.2018
Cefalú – San Nicola L’Arena, 40 km, insgesamt 4912 km
Bei bestem Wetter wachen wir auf. Wir können uns Zeit lassen und frühstücken gemütlich, bis die Sonne hinter dem Felsen hervorkommt.
Um 9 Uhr macht Martin sich auf dem Weg zur gestern gefundenen Trenitalia-Agentur, um Fahrkarten für die Rückfahrt zu organisieren. Peter und ich freuen uns, dass wir während dieser Zeit am Meer sitzen und spielen können.

2,5 Stunden später kommt Martin mit der freudigen Nachricht, dass er tatsächlich Fahrkarten incl. Fahrradreservierung für Montag, 12.11. erstehen konnte. Von Mailand ein Direktzug nach Frankfurt. Es ist der EC52, für den uns die Serviceline der Deutschen Bahn jede Radmitnahme geleugnet hat. Prima! So lässt es sich doch viel entspannter dem Ende unserer Reise entgegensehen.
Wir brechen auf, werfen einen letzten Blick auf das bildhübsche Cefalu und fahren dann die an dieser Stelle Siziliens recht langweilige SS113 entlang.


Wir kommen durch Gemüsefelder, die vom Regen der vergangenen Woche komplett überflutet sind. Ein sehr eindrückliches Bild. Nun verstehen wir auch die vielen Fragen unserer Freunde und Verwandten in Deutschland nach unserem Wohlergehen. Hier muss es richtig schlimmes Unwetter gegeben haben.

Zum Glück sind wir drum herum gekommen. Auch auf der ufernahen Straße sehen wir nun Reste einer kürzlichen Überflutung. Puh – Glück gehabt! Aus Catania waren wir schnell genug weg, bevor dort die große Flut kam. Und hierhin sind wir spät genug gekommen, dass wir nur noch die Reste des Unwetters zu sehen bekommen.
In Termini Imerese sehen wir am Hafen eine Fähre der Reederei GNV liegen. Mit so einem Schiffchen werden wir am Freitag und Samstag nach Genua übersetzen.


Knapp hinter Termini Imerese erreichen wir San Nicola L’Arena und beziehen ein Appartement für diese Nacht. Noch ein kurzer Spaziergang zum Hafen und Einkauf in den örtlichen kleinen Lädchen für das Abendessen und schon ist es wieder dunkel und der Abend bricht an.

Frei nach dem Motto: Wollt ihr noch ein paar Chips zum Spritz?

Auf dem Weg heute werden wir zart auf unser nächstes Projekt in Eschborn hingewiesen: Eine neue Matratze fürs Bett muss her. Und wie wir sie nach Hause bekommen, wird uns hier perfekt präsentiert.

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