Sonntag, 15.7.2018
Villingen – Geisingen, 36 km – gesamt 558 km
Am frühen Morgen fängt es an zu regnen und in der Ferne donnert es. Wir beschließen in aller Ruhe auszuschlafen. Um halb acht wird uns langsam langweilig. Aber um halb neun hört der Regen zum Glück auf und wir können mit unseren Morgenritualen beginnen: Schlafsäcke und Isomatten zusammenrollen und Frühstück machen. Zum Glück kommt jetzt auch die Sonne raus und trocknet Zelt und die gestern gewaschenen Klamotten im Nu.
Um 11 Uhr fahren wir los. Machen einen Schwenk durch die Villinger Innenstadt. Hübsches wild-barockes Münster mit zwei unterschiedlichen Türmen. Schön, den alten Stadtaufbau zu sehen. Vom Hauptplatz gehen vier Straßen in alle Himmelsrichtungen weg. Jede von einem Tor begrenzt (na gut, das vierte musste vor hundert Jahren dem örtlichen Gericht und Gefängnis weichen. Überall Brünnchen und Bächlis. Also eigentlich genauso wie in Rottweil und auch in Freiburg.
Wir verlassen Villingen und suchen den Weg an der Brigach entlang zur Donauquelle in Donaueschingen. Hübsches, nur ganz sanftes Hoch und Runter. Dumm nur, dass an einer Stelle, ein Zufluss zur Brigach naturnah umgebaut wird und somit auch der Weg. Wir ignorieren die Umleitungsschilder und rumpeln über die Baustelle, bis wir an der noch abgesperrten neugebauten Brücke stehen. Was nun? Zurückfahren und doch die Umleitung nehmen oder … ? Jawoll, so machen wir’s: Wir schnallen das Gepäck ab und tragen alles durch den Bach.
Flott nach Donaueschingen reingerollt und die Donauquelle gesucht. Schon cool, das Teil. Ein grüner Tempel, altertümlich eingefasst, mit fetter Statue drauf. Wenn man genau in das Wasser schaut, sieht man Algen malerisch darin schwingen und zwischendurch steigen silberne Wasserblasen auf. Sehr verwunschen.
Das Wetter zeigt sich jetzt deutscher als in den letzten Tagen. Immer wieder nieselt es, am Horizont sieht man mehrere Gewitterherde, die zum Glück an uns vorbeiziehen. Wir beschließen weiterzufahren, da ein Abwarten, des Nieselregens sinnlos wäre, dann würen wir den ganzen Tag in Donaueschingen bleiben müssen.
Der „Donauzusammenfluss“ von Brigach und Breg zeigt sich ziemlich unspektakulär. Eine monströses Standbild, das Inge und Egon (oder so) anlässlich ihrer goldenen Hochzeit 1939 der Stadt Donaueschingen geschenkt hatten. Wahrscheinlich war die Stadt froh, nach dem seligen Dahinscheiden des Jubelpaares das Standbild an diesen unspektakulären und offensichtlich wenig besuchten Ort stellen zu können.
Weiter geht es von nun an also an der Donau. Toll, der Weg ist fast noch besser ausgeschildert als der Neckarradweg. Ich denke, die nächsten Wochen fahren wir durch’s Radler-Eldorado. Infrastrukturell voll ausgestattet.
Zunächst die Überschwemmungswiesen nach Donaueschingen. Sehr schön, offensichtlich Vogelschutzgebiet. Wieder geht es sanft auf und ab. Aber da wir nun flussabwärts unterwegs sind, überwiegen die abfallenden Wege. Toll!
Stopp in Geisingen. Ein Biergarten wirbt schon einen Kilometer vor Geisingen. Wir lassen uns von den Schildern leiten und landen an einem Kiosk mit Biertischen und Schirmen. Auf dem Gelände auch eine große Jurte, in der und vor der Bildschirme stehen. Alles rüstet sich für das anstehende Endspiel der Fußball WM: Frankreich gegen Kroatien.
Ich fühle mich heute irgendwie schlapp und etwas unmotiviert. Wir bleiben dort, freuen uns über die Bierquelle und Martin organisiert angesichts der angesagten Unwetter flott eine Unterkunft für die kommende Nacht.
Wissenschaftliche Lehrstunde auf dem Fahrrad: Martin erläutert Peter die Radartechik.
Montag, 16.7.2018
Geisingen – Beuron Hausen, 58 km – gesamt 616 km
Puh, so eine Nacht in einer festen Behausung ist ziemlich warm. Vor dem Frühstück haben wir die Räder gesattelt und haben uns an ein kühles halbschattiges Plätzchen am Donauufer begeben. Dort unser übliches Frühstück abgehalten und endlich nicht mehr geschwitzt.
Danach nach Immendingen zur Donauversickerung. Wie ich im Laufe des Tages lernte, ist dies nur eine von insgesamt drei Versickerungsstellen der Donau. Ein naturwissenschaftliches Phänomen, das ich mit meinem begrenzten Geist nur nebelhaft verstehen kann. Nur soviel: Unter der Donau oder in dem Gestein der jungen Donau sind viele Hohlräume und ein ganzes Tunnel- bzw. Höhlensystem. Dort versickert das Wasser der jungen Donau. Und tritt dann wieder … jawoll in einem Zufluss des Rheins zutage. Aha!?! Allein, wie man es herausgefunden hat vor ca. 100 Jahren (oder so), ist spannend: Man hat Farbe, stinkendes Zeug und Salz in die Donau an der Versickerungsstelle gekippt und geschaut, wo es wieder raus kommt. Soso, jetzt ist also die Donau grad entstanden und sickert weg, um dann doch in die Nordsee zu fließen. Später kommen dann wieder einige Zuflüsse und füllen das Donautal wieder, sodass unsere Radtour an der Donau doch weitergehen kann. Gott sei Dank!
Wasser noch da:
Wasser weg – sitzen in der Donau:
In Tuttlingen endlich konnten wir in der Post den von unseren Töchtern und Housesitten postlagernd geschickten Brief mit dem zu Hause vergessenen Donauradführer abholen. Ich weiß nicht, wer mehr überrascht war: unsere Töchter, dass so etwas geht; oder der Postbeamte, der mich mit große Augen anschaute, als ich nach der postlagernden Sendung fragte, und diese dann tatsächlich im Schrank fand. Ansonsten hatte Tuttlingen nicht so viel zu bieten, da der Stadtkern saniert wird und alles in einer Baustelle versank. Nur soviel: 1806 fiel die komplette Innenstadt Tuttlingens einem Brand zum Opfer. Die Tuttlinger nahmen dies zum Anlass, die Stadt quadratisch, praktisch, gut wieder aufzubauen. Und ähnlich wie Mannheim ist diese Stadt nun einem Schachbrett gleich, nur kleiner.
Wir ließen uns vom Rückenwind leicht bergab weitertreiben. Lauter kleine Städtchen mit herzigen Kirchlein und netten Lädchen. Wenn wir gewollt hätten, hätten wir alle drei Kilometer einen netten Biergarten nach dem anderen hübschen Cafe besuchen können. Wir wollten aber nicht, man muss ja auch mal voran kommen.
Wir rollten an mehreren schönen Landschaftsmotiven vorbei und durch den ersten Donaudurchbruch nach Beuron rein. Ein Klosterdorf. Das Kloster wird von Benediktinern geführt. Hübsche, ziemlich barocke Kirche und ein Klosterladen, in dem wir noch Fische für unsere Satteltaschen erstanden.
Bei einer Steigung flog Martin das zweite Mal die Kette ab und verkantete sich. Eine etwas kniffelige Sache, auf einem steilen Weg das Fahrrad ohne Ständer leerzuräumen und Peters Rad abzuhängen, um endlich die blöde Kette wieder an Ort und Stelle zu bringen. Meines Erachtens eine Fehlkonstruktion des Herstellers, dass sich die Kette so verkanten kann.
Schließlich am Campingplatz in Beuron Hausen gelandet. Sehr romantisch an der Donau gelegen mit einem kleinen Bach, der direkt auf dem Gelände in die Donau mündet. Die anderen Menschen auf dem Platz fahren mit dem Schlauchboot auf der Donau oder angeln.
Philosophieren auf dem Weg: Wenn Jesus nicht gestorben ist, wo lebt er denn dann heute?
Beim Lesen eurer Berichte bekomme ich richtiges Fernweh. Nette Fachwerkstädtchen an Neckar und Donau und alle paar Kilometer ein hübscher Biergarten – das würde mir wohl auch gefallen! Toll, dass ihr – außer Radfahren – noch so viel anschaut, erlebt und davon berichtet.
Ich drücke euch die Daumen, dass das Wetter demnächst wieder etwas „undeutscher“ wird und freue mich schon auf die nächsten Berichte.